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„Corona-Hilfe: Bayerische erhöht Provisionen“ und weiter „Um Vermittlern und Kunden in Zeiten der Corona-Krise entgegenzukommen, passen immer mehr Versicherer ihre Stornoregelungen an.“ Mit diesen Schlagzeilen auf pro-contra.de bekam ich vor ein paar Tagen den Eindruck, als würde sich „die Bayerische“ ins Zeug legen, den Vermittlerinnen und Vermittlern in der Corona-Zeit helfen zu wollen.
Bei „die Bayerische“ sollen zum einen die Abschlussvergütungen um mehr als 20 Prozent erhöht und zum anderen die Regeln zur Stornohaftung aufgeweicht werden. Das soll Teil eines Hilfsangebots sein, von dem Vorstand Martin Gräfer erklärt:
„Mit den Hilfsangeboten zeigen wir unseren Kunden und Partnern, dass sie in dieser schweren Zeit auf uns zählen können.“
Aber was bedeutet es für die Kunden, wenn die Provisionen auf einmal heraufgesetzt werden?
Erst einmal komme ich als Aktuar ins Grübeln, wie es sein kann, dass so mir nichts, dir nichts einfach die Kalkulation für ein Lebensversicherungsprodukt über den Haufen geworfen wird. „Aber das soll ja nur für fondsgebundene Tarife ohne Garantien gelten“, würde mir sofort zugerufen werden. „Da kann man das mit der Kalkulation etwas lockerer nehmen!“
Das stimmt aber so nicht. Denn die höhere Provision kann ja nicht einfach sofort von der eingezahlten Prämie abgezogen werden. Es gibt ja auch bei vielen Fondspolicen grundsätzlich einen Mindestrückkaufswert, der trotz allem irgendwie dargestellt werden muss. Also muss das Versicherungsunternehmen erst einmal in Vorleistung gehen. Und das heißt, das muss auch irgendwie einkalkuliert werden. Hier ist die Aufsicht gefordert, ob das denn so in Ordnung ist, wenn „die Bayerische“ mal schnell kalkulatorisch das eigene Geschäft belastet. Herr Grund, da sind Sie am Zug!
Aber tun wir mal so, als wäre das kalkulatorisch irgendwie in Ordnung. Dann stellt sich die Frage, wer diese Provisionserhöhung am Schluss bezahlt? Der Aktuar denkt sich: Steigen die Abschlusskosten, dann steigen die Gesamtkosten, dann wird das Kostenergebnis schlechter, dann sinkt der Rohüberschuss, dann sinkt die Mindestzuführung, dann ist nicht so viel in der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) und dann wird die Überschussbeteiligung schlechter. Und eine Kostenüberschussbeteiligung gibt es ja auch bei den fondsgebundenen Versicherungen!
Zusammengefasst: Erklärt „die Bayerische“ einfach mal, dass die Provisionen steigen, dann gibt’s weniger Geld für die Kundinnen und Kunden. So einfach ist das. Die Kundinnen und Kunden bezahlen also die höheren Provisionen (ist ja auch logisch, oder?). Warum Herr Gräfer dann meint, damit beweisen zu können, dass jetzt die Kundschaft auf „die Bayerische“ „zählen“ könnten, ist mir schleierhaft. Das ist einfach nur Unfug!
Hinzu kommt auch noch, dass die Stornohaftung verwässert werden soll. Die Stornohaftung ist aber ein wichtiges Instrument, um zu verhindern, dass durch den Vertrieb einfach auf die Schnelle unpassende Verträge verkloppt werden, die dann kurze Zeit später wieder gekündigt werden. Wenn so eine Kündigung erfolgt, sind es ja gerade die Kundinnen und Kunden, die an erster Stelle Verlust erleiden. Wenn die Stornohaftung nun aber aufgeweicht wird, dann steigt der Anreiz, überflüssige Verträge zu verticken. Und wenn die Provision jetzt auch noch besonders hoch ist, dann ist der Anreiz noch einmal höher. Zu wessen Lasten das geht? - Zu Lasten der Versicherten, die sich einen unpassenden Vertrag haben aufschwatzen lassen.
Das was „die Bayerische“ als tolles Hilfsangebot darstellt, ist also ein Verkaufsförderungsprogramm, das zu Lasten der Versicherten geht, die Kalkulation verschlechtert und die Vermittlerinnen und Vermittler dazu anspornt, ungeeignete Verträge zu verkaufen. Chapeau, Herr Gräfer! Da hebeln Sie mal auf die Schnelle Grundsätze der IDD und des VAG aus – und das alles unter dem Vorwand, in der Corona-Krise „Hilfsangebote“ aufzulegen. Da können die Kundinnen und Kunden „in dieser schweren Zeit“ nur noch darauf zählen, besonders zynisch behandelt zu werden. So funktioniert Corona nämlich bei „die Bayerische“.