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Kleinleins Klartext

Der Winter naht

Der Winter naht

 21.09.2016  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Es war einmal…

eine Kaufmannsgilde, die sehr von sich überzeugt war. „Es gibt in allen Landen keine besseren Kaufleute als uns!“, pflegten sie zu prahlen. „Schließt Kontrakte mit uns und ihr werdet es nicht bereuen!“, so lockten sie die Kunden in ihre Fänge. „Wir garantieren Euch nicht viel, doch werden wir stets unsere Gewinne mit Euch teilen!“

Manche Besserwisser warnten vor den Kaufleuten. „Lasst Euch nicht ein auf das Geschäft! Es ist legaler Betrug!“. Doch blieben diese Worte fast ungehört.

Viele Menschen glaubten den Versprechungen. So einige Kunden nahmen ihre letzten Taler, um mit diesen Kaufleuten ins Geschäft zu kommen. Manche verschuldeten sich gar, da sie dem Säuseln glaubten! Viel Gold wechselte die Besitzer und ging aus den Beuteln der einfachen Menschen in die Beutel der Kaufleute. Ein Teil verblieb dabei in den Händen der vermittelnden Schergen. Diese belohnten aber die Kunden mit Lob: „Fürwahr, ihr habt Euer Gold klug angelegt bei diesen Kaufleuten!“. Alsdann machten sich die meisten dieser Schergen aus dem Staub und verschwanden auf Nimmerwiedersehen.

Die Besserwisser warnten noch immer vor den Kaufleuten. „Lasst Euch nicht ein auf das Geschäft! Es ist legaler Betrug!“. Doch blieben diese Worte fast ungehört.

Und so kam es, dass viele, viele Menschen ihr Gold den Kaufleuten anvertrauten. Viel Gold, sehr viel Gold floss den Kaufleuten zu. Der König sah dies mit Wohlgefallen, lieh er sich doch des öfteren Geld bei den Kaufleuten. Und so sprach er: „Ihr seid wahrlich eine stolze Stütze unseres Reiches! Daher erlaube ich Euch drei Wünsche. Aber sprecht sie mit Bedacht!“

Drei Wünsche

Der Übermut führte zum ersten Wunsch. „Seht wie erfolgreich wir sind! Gebt uns noch mehr Gold und fördert unser Geschäft!“ Und der König sah dies mit Wohlgefallen und erfüllte diesen Wunsch. Und seitdem gab er hohe Zulagen und Förderung. Manche, die seitdem ihr Geld den Kaufleuten anvertrauen, bekommen etwas von dieser Förderung ab. Viele müssen aber dem König zusätzliche Steuern zahlen, um dies dann zu bezahlen. Denn der König selbst gibt nie eigenes Geld.

Und die Besserwisser warnten vor dieser Förderung. „Lasst Euch nicht ein auf das Geschäft! Es ist legaler Betrug!“. Doch blieben diese Worte fast ungehört.
Nach dem Übermut kam die Gier. Die Gier der Kaufleute führte zum zweiten Wunsch. „Lasst uns den Kunden nur das geben, was unbedingt nötig ist“, besprachen sich die Kaufleute. „Wir geben ihnen nur wenig mehr als das, was wir garantiert haben und der Rest bleibt dann für uns!“ Um mit dieser Gier auch noch vor dem Gesetz bestehen zu können, baten die Kaufleute die Königin um Hilfe. Denn mittlerweile war der König gegangen und eine neue Königin regierte. „Wir reformieren, so dass ihr noch mehr der Gewinne behalten dürft“, beschloss sie. Und während das alle vier Jahre stattfindende Turnier gefeiert wurde, erfüllte die Königin den Kaufleuten den Wunsch.

Und die Besserwisser warnten vor dieser Reform. „Lasst Euch nicht ein auf das Geschäft! Es ist legaler Betrug!“. Doch blieben diese Worte fast ungehört.

Nach der Gier kam das Unvermögen

Doch Weh und Klagen! Nach Übermut und Gier kam nun das Unvermögen! Es war schon wenig, was die Kaufleute an Garantien gaben. Doch selbst diese konnten sie bald nicht mehr so einfach erbringen! „Welch Not! Was sollen wir tun?“, klagten sie bei der Königin. Und so verging der letzte Wunsch. Denn von nun an durften die Kaufleute den Kunden noch mehr Gewinne vorenthalten. Doch nun ging es nicht mehr darum, eigene Gewinne einzusacken. Es ging nur noch darum, die schmalen Garantien zu bedienen.

Der Winter nahte. Und die Geschäfte liefen immer schlechter. Ängstlich starrten die Kaufleute auf die Ruinen ihrer einst stolzen Anlagen. „Wir waren zu übermütig, zu gierig und zu dumm! Was sollen wir jetzt tun?“, jammerten sie. „Wer kann uns helfen?“ Und sie erinnerten sich an die Besserwisser und sahen nun ihre Stunde gekommen. „Wenn ihr Besserwisser nun schon immer wisst, dass das alles legaler Betrug ist, dann helft uns endlich und löst die Probleme!“, sprachen sie.

Doch die Besserwisser konnten nur erklären: „Wir haben keine Lösungen, wir haben nur Warnungen.“ Und die Besserwisser erklärten den traurig dreinblickenden Kaufleuten: „Ihr habt das Gold vieler Menschen in Gefahr gebracht. Und nun wollt Ihr Hilfe von denen, die immer vor Euch gewarnt haben? Ihr habt bewiesen, dass Ihr durchdrungen seid von Übermut, Gier und Unvermögen! Nun beweist, dass Ihr Besonnenheit, Genügsamkeit und Klugheit in Euch tragt. Erst dann können wir Euch helfen.“

Und die Kaufleute begannen Pläne zu schmieden, wie sie über viele Jahre ein wenig des Übermuts, der Gier und des Unvermögens ad acta legen könnten. Da kamen erneut die Besserwisser und gemahnten zur Eile: „Bedenkt: Der Winter naht!“


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