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Kleinleins Klartext

Falsche Fakten für die Presse – die Informationspolitik der Allianz beim Garantiezins

Falsche Fakten für die Presse – die Informationspolitik der Allianz beim Garantiezins

 25.05.2016  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Ich lese gerne Zeitung. Besonders wenn es um Versicherungen geht. Und als Berliner lese ich natürlich auch gerne den Tagesspiegel. Letztens ging es um den sogenannten „Garantiezins“ der Lebensversicherung.

Ein politisch hoch brisantes Thema dieser Tage. Daher ist es umso wichtiger, was die wichtigsten Akteure denn so sagen. Schlimm ist es, wenn diese dann lügen.

Die Allianz-Lebensversicherung gehört auf jeden Fall zu den ganz Wichtigen, wenn es um Versicherungsfragen geht. Ist sie doch der unangefochtene Marktführer. Was die Allianz macht, ist oft ein Fingerzeig, was die Restbranche so anstellen wird. Jetzt hat sie aber der Presse anscheinend falsche Informationen zum Garantiezins gegeben. Das ist natürlich besonders deswegen fatal, weil just dieser Tage die Politik hier wegweisende Entscheidungen fällen will. Aber worum geht es?

In der Versicherungsbranche wird im Moment gerne so getan, als könne man mit einer „neuen Garantie“ den Kunden weiterhin Garantien geben, man müsse aber noch auf die bisherigen Garantieinstrumente setzen. Der „Garantiezins“, der über den gesetzlichen Höchstrechnungszins begrenzt ist, war dabei in der Vergangenheit das wichtigste Garantieinstrument. Das soll sich aber nun ändern – glaubt man dem Tagesspiegel.

Ein Angebot ohne Garantiezins?

„Neun von zehn Kunden favorisieren bei einem Neuabschluss ein Angebot ohne Garantiezins“, wird im Tagesspiegel die Allianz zitiert. Ein Angebot ohne Garantiezins? Wie ich das gelesen habe, bin ich schwer ins Grübeln gekommen. Was hat sich denn da bei der Allianz getan? Denn eigentlich kenne ich im Altersvorsorgebereich keinen einzigen Tarif bei der Allianz, der vollständig ohne Garantiezins auskommt.

Aber wie es sich gehört, haben wir bei der Allianz nachgefragt. Wir haben unklare Antworten bekommen und nachgehakt. Und wieder Antworten erhalten, aber auf Fragen die wir nicht gestellt haben. Und haben dann wieder nachgehakt. Die letzte Frage, bei welchen Tarifen denn wirklich vollständig auf einen Garantiezins verzichtet wird, wurde dann einfach nicht mehr von der Pressestelle der Allianz beantwortet.

Das Problem ist nämlich, dass auch bei den „neuartigen“ Tarifen zum Beispiel Rückkaufswerte oder Rentenhöhen stark von einem Garantiezins abhängig sind, die das Unternehmen einkalkuliert. Bei der „Perspektive“ etwa, rechnet im Übrigen die Allianz auch während des Ansparens mit einem Garantiezins. Der ist über die erste Vertragszeit dann so hoch wie der Höchstrechnungszins. Aber das kann man nur erkennen, wenn man mit ein wenig aktuariellem Sachverstand die Bedingungen zu den Rückkaufswerten anschaut.

Zugegeben, wenn man nur auf das garantierte Kapital guckt, dann gibt es dort zuweilen nur die Summe der eingezahlten Werte als Garantiesumme. Die ist dann nicht vom Garantiezins abhängig. Aber das Problem liegt woanders: Sinkt der Höchstrechnungszins und damit der einkalkulierte Garantiezins, dann sinken zum Beispiel die Rückkaufswerte. Oder es sinken die Renten. Ist das dann ein Tarif „ohne Garantiezins“? Nein. Die wichtigsten Leistungen sind dann weiter von einem Garantiezins abhängig. Es stimmt also einfach nicht, was die Allianz hier sagt.

Der Verbraucher wiegt sich in falscher Sicherheit

Die Allianz betreibt hier ein falsches Spiel gegenüber den Medien und gegenüber der Politik. Die nimmt nämlich auch solche Aussagen mit ins Kalkül, wenn es um so etwas geht, wie über die Zukunft des Höchstrechnungszinses zu entscheiden. Und genau das steht derzeit an! Und natürlich werden auch die Kunden an der Nase herumgeführt. „Ein Tarif ohne Garantiezins“ und der Verbraucher wiegt sich in der falschen Sicherheit, nicht vom Höchstrechnungszins abhängig zu sein. Das Gegenteil ist der Fall. „Ein Tarif ohne Garantiezins“ und die Politik wiegt sich in Sicherheit, dass der Höchstrechnungszins nicht mehr so wichtig sei. Stimmt aber eben nicht.


Kommentare
Kommentar von Wolfgang Wagemann  am  31.05.2016 11:01
Sehr geehrter Herr Kleinlein,

es gab einmal eine Welt der sogenannten gemischten Kapitallebensversicherung. Diese Produkte enthielten einerseits einen Sparprozess, der bei Erreichen des Endalters ein Kapital brachte. Und außerdem ein Todesfallkapital, dass - typischerweise - in gleicher Höhe zur Auszahlung kam, wenn man vor Erreichen des Endalters verstarb. Oft benannte man dies deshalb als "Produkte mit Todesfallschutz".

Das kam dann ein bisschen aus der Mode. Usus wurden Produkte, die einen Sparprozess umfassten, der am Ende ein Kapital oder eine Rente als Leistung umfasste. Im Falle des Todes gab es - typischerweise - "nur" noch einen "kleinen" Schutz - die Summe der eingezahlten Beiträge wurde zurückgezahlt. Der "eigentliche Todesfallschutz" dagegen wurde (auch nach Empfehlung mancher Verbraucherschützer) separat in Form von Risikolebensversicherungen organisiert.

Nun stellen Sie sich die Kommunikation (von wem auch immer) der Geschäftsentwicklung vor: "Versicherungsbranche verkauft weniger Produkte mit Todesfallschutz.". - so würde man die rückläufige Entwicklung der gemischten Kapitallebensversicherung wohl beschreiben können. Nicht ganz korrekt, da ja überall zumindest "etwas" Todesfallschutz drinsteckt.

Hätten Sie das auch kommentiert mit "falsche Fakten - auch die heute üblichen Versicherungen enthalten ja einen kleinen Todesfallschutz"? Wenn ja, müssten Sie sich dann nicht fragen lassen, warum Sie sich in so kleinlichen Details verstricken? Und wenn nein, würden Sie sich dann nicht dem Vorwurf aussetzen, mit zweierlei Maß zu messen?

Dass Sie tatsächlich die Tarife der Allianz so gut kennen, dass überall noch ein wenig Garantiezins drinsteckt, mögen Sie für eine berichtenswerte Neuigkeit halten. Für mich als Außenstehenden wirkt es eher wie das Auffinden eines Krümels oder das Umfallen eines Reissacks.

Wäre dem Verbraucherschutz nicht mehr gedient, wenn wesentliche Dinge hervorkommen?

Viele Grüße
Wolfgang Wagemann

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