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Kleinleins Klartext

Gute Ampelrentenreform – aber bitte vermeidet die Versicherungsfalle!

Gute Ampelrentenreform – aber bitte vermeidet die Versicherungsfalle!

 03.11.2021  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Liebe Koalitionärsverhandler*innen,
erst einmal Respekt für die ambitionierten Ideen, mit denen unser Land in Sachen Altersvorsorge fit für die Zukunft gemacht werden sollen. Ich habe nach einem eher drögen Wahlkampf in Sachen Rente keinesfalls mit einem solchen Ideenpaket gerechnet, das dann auch tatsächlich verhandelt wird. Chapeau!


Dass sogar in der ersten Säule etwas geschehen soll, ist bemerkenswert. Die Idee ist mutig, mit einer Aktienrente die obligatorische Altersvorsorge zu flankieren. Es ist aber auch der längst überfällige Schritt aus Sicht derjenigen, die das viel zitierte schwedische Modell propagieren. Was man dem Ganzen kritisch entgegenhalten muss: Es kommt viel zu spät (das kann man aber den heutigen Verhandler*innen nicht vorwerfen) und wir brauchen eine vernünftige Hinführung in den kapitalgedeckten Teil.

Das Grundproblem verstanden

Letzteres Problem haben viele aufgezeigt: Geld, das dem Umlagesystem entzogen wird, um in die Kapitaldeckung zu fließen, kann dann entsprechend nicht für die Umlagerente verwendet werden. Es würde dann also erst einmal eine Schwächung des Umlagesystems erfolgen. Ob da eine „Anschubfinanzierung“ von zehn Milliarden ausreicht, bezweifle ich recht stark. Zumindest ist das Mitdenken eines solchen Zuschusses aber konsequent und zeigt, dass Sie als zukünftige Koalitionär*innen das Grundproblem verstanden haben.

Die Falle bei der Aktienrente

Bitte achten Sie aber auf eine Falle bei der Aktienrente! Denn das bis zum Alter angesparte Geld soll ja dann irgendwie auch ausgezahlt werden. Da gibt es mehrere Varianten. Dieses Kapital könnte als Einmalzahlung in die „normale“ Umlagerente eingebracht werden (kann aber die dortige Systematik durcheinanderbringen), es könnte den Sparer*innen ausgezahlt werden, sodass die sich selber darum kümmern, was mit dem Geld geschieht (nicht ganz einfach, aber machbar und birgt viele Freiheiten) oder ähnlich wie bei der Riester-Rente könnte gefordert werden, das Geld bei einem Lebensversicherer zu verrenten.

Die Versicherer-Falle

Die Verrentung durch Lebensversicherer wäre die denkbar schlechteste Wahl, hat sie doch schon die Riester-Rente zerstört. Denn diese Art der Verrentung ist außerordentlich teuer und führt zu sehr, sehr kleinen Renten. Die Versicherer-Falle bei der Verrentung ist die große Gefahr und kann die Altersvorsorge ineffizient und teuer machen.

Lösung für das Demografie-Problem bei der gesetzlichen Rente

Ansonsten versprechen Sie als Ampel, dass in der gesetzlichen Rente sowohl Rentenhöhe, Beitragssatz und Renteneintrittsalter nicht angefasst werden sollen. Angesichts der zu erwartenden demografischen Änderungen scheint das eigentlich nicht möglich. Aber im Sondierungspapier skizzieren Sie eine Lösung: So wollen Sie die umlagefinanzierte Rente durch die verstärkte Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie die „erwerbsbezogene und qualifizierte Einwanderung“ stärken. Angesichts eines sich abzeichnenden Arbeitskräftemangels erscheint das nicht unrealistisch. Bitte schaffen Sie die Voraussetzungen, dass das auch unkompliziert umgesetzt werden kann. Dann könnte vermutlich eine Erhöhung des Renteneintrittsalters verhindert werden.

Bei der privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge wollen sie auch ein neues System mit einem öffentlich verwalteten Fonds etablieren. Gut, dass die Riester-Rente in der jetzigen Form dann ein Ende findet. Aber ich bin in glücklich, dass Sie ausdrücklich einen Bestandsschutz für schon bestehende Riester-Verträge umsetzen wollen. Unsere Aktion „Stoppt die Riester-Rente“, die wir zusammen mit vzbv und Bürgerbewegung-Finanzwende ins Leben gerufen haben, hatte genau das zur Forderung. Richtig so!

Bitte seien Sie mutig

Auch bei dem öffentlich verwalteten Fonds lauert die Verrentungsfalle, wenn es zu regeln gilt, wie die Auszahlung vonstatten gehen soll. Bitte seien Sie mutig genug bei der freiwilligen kapitalgedeckten Altersvorsorge auf die finanzielle Vernunft der Bürger*innen zu setzen. Bitte zwingen Sie nicht wieder jede und jeden, im Alter bei einem Lebeversicherer eine Rente abschließen zu müssen. Das ist bei der Riester-Rente durch den Verrentungszwang geschehen. Das hat die Riester-Rente teuer gemacht und scheitern lassen.

Wer im Arbeitsleben auf Geld verzichtet, um vorzusorgen, hat finanzielle Vernunft bewiesen. Diesen Menschen sollte man diese Vernunft nicht absprechen, wenn sie älter geworden sind. Man sollte ihnen die Freiheit geben, im Alter selber über das angesparte Geld zu verfügen. Natürlich sollen sie auch die Möglichkeit haben, bei einem Lebensversicherer einen Rentenvertrag abzuschließen. Sie sollten aber nicht dazu gezwungen werden. Und die Lebensversicherer sollten sich dann endlich einem echten Wettbewerb mit anderen Produkten stellen.

Ein kleiner Tipp: Wenn der Zwang zur Verrentung fällt, entlastet das auch die klammen Versicherer. Denn aufsichtsrechtlich kostet die Verrentung die Unternehmen viel Solvenz. Und wir haben Lebensversicherer, die hier Probleme haben. Den Bürger*innen im Alter mehr Souveränität über das angesparte Geld zu geben ist also auch ein wichtiger Schritt, um die Solvenz der Unternehmen zu stützen.

Viele gute Ansätze und Potenzial

Es finden sich aus meiner Sicht in den Koalitionsplänen viele gute Ansätze, die schon sehr weit gedacht sind und viel Potential haben. Wir stehen als Verbraucherschützer gerne bereit, Sie dabei zu unterstützen, das richtig umzusetzen.
Ich wünsche Ihnen und uns allen viel Erfolg bei den Verhandlungen!

Beste Grüße
Ihr/Euer Axel Kleinlein

PS: Bitte vergessen Sie nicht, dass es neben der Altersvorsorge auch Krankenversicherungen gibt. Hier ist es dringend an der Zeit, die Versicherten in der PKV gegenüber den Unternehmen zu stärken. Die letzten Jahre Stillstand waren nicht gut. Wir haben Ideen für die Versicherten!


Kommentare
Kommentar von Rene  am  16.11.2021 11:17
Toll, dass Sie sich als Verband zu diesem Thema melden und Ihre Fachkompetenz einbringen. Hoffen wir mal im Interesse Aller, dass Ihr Appell an die Ampelkoalitionäre gehört wird. Gerne weiter so !

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