Menu
Kleinleins Klartext

Im Würgegriff der ganz Jungen und ganz Alten

Im Würgegriff der ganz Jungen und ganz Alten

 17.03.2021  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Es gibt bei Versicherungen nicht nur einen Generationenkampf der Jungen gegen die Alten. Es gibt auch ein Thema, wo sich eine Koalition der ganz Jungen (damit meine ich die bis Mitte 20) mit den Älteren (so ab Ende 60) gegen die Mittelalten verbünden: Die Kfz-Versicherung!

Denn weil das genau die schadenträchtigsten Alter sind, müssen diese Versicherten vergleichsweise hohe Prämien zahlen. Je nachdem um wen es sich handelt, gibt es dann erboste Versicherte, die eine Altersdiskriminierung beklagen. Wahlweise seien die besonders jungen Kfz-Neulinge oder die betagteren Kfz-Veteranen die Gekniffenen. Und das wäre ja wohl nicht gerecht! Und der Blick in die Statistiken reicht diesen Betroffenen dann auch nicht immer, um sich überzeugen zu lassen.

Die altersabhängige Kalkulation ist richtig

Als Versicherungsmathematiker sehe ich das etwas anders und finde, dass die altersabhängige Kalkulation richtig ist. Und als Verbraucherschützer sehe ich das erst recht so, denn wenn es anders wäre, dann würden an erster Stelle die Versicherungsunternehmen gewinnen – und nicht etwa die vermeintlich Diskriminierten.

Zur Erklärung hilft vielleicht ein kleines vereinfachtes Beispiel: Nehmen wir an, für einen 18-Jährigen und einen 80-Jährigen ist eine altersdifferenzierte Prämie von 100 Euro angemessen und für einen 40- und 50-Jährigen eine Prämie von nur 50 Euro. Der Versicherer hat genau diese vier Personen im Kollektiv und kassiert deshalb insgesamt 300 Euro an Prämien. Und wir nehmen an, das reicht dann gerade aus, um im Schnitt alle Schäden zu begleichen.

Wenn das Versicherungsunternehmen nun einen „Einheitstarif“ ansetzen würde, dann ergäbe sich anscheinend erst mal eine Durchschnittsprämie von 75 Euro – würde man meinen. Da aber die Versicherungsmathematiker gehalten sind, besonders vorsichtig zu kalkulieren (das ist gesetzlich vorgeschrieben), muss der Versicherer einen zusätzlichen Sicherheitszuschlag erheben. Denn es besteht ja die „Gefahr“, dass sich zufällig besonders viele, besonders junge oder besonders alte Autofahrerinnen und Autofahrer genau zu diesem Versicherer verirren. Deshalb setzen die Mathematiker einen vorsichtigen Zuschlag von 20 Prozent an, sodass statt der durchschnittlichen 75 Euro dann 90 Euro als neue einheitliche Prämie aufgerufen werden.

Insgesamt erhält der Versicherer nun viermal 90 Euro, also 360 Euro, wobei aber 300 Euro voll und ganz ausreichen! Unterm Strich zahlen dann also zwei Kunden jeweils 40 Euro mehr und zwei Kunden 10 Euro weniger. Also gehen 60 Euro mehr an den Versicherer, die er einfach direkt als zusätzlichen Gewinn einstreichen kann, ohne dafür irgendeine zusätzliche Gegenleistung bringen zu müssen.

Was ist gerecht?

Man kann nun darüber streiten, ob es ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit wäre, wenn mehr oder weniger alle Versicherten gleichermaßen ziemlich viel zahlen müssen (aber alle das gleiche), oder ob es nicht gerechter wäre, wenn eine eher passgenaue Kalkulation die Grundlage ist. Ich denke, letzteres ist besser, zumal dann die Gier der Versicherer nicht so stark bedient wird.

Natürlich könnte man auch versuchen, einen Ausgleich zwischen den Versicherern hinzubekommen. Das könnte dann so funktionieren, dass diejenigen, die besonders viel junge und alte Kundschaft haben, von den anderen Versicherern einen Ausgleich bekommen, da diese dann ja eher die günstigeren Kundinnen und Kunden haben. Dann müsste man so etwas wie einen Risikoausgleichstopf einführen, der irgendwie verwaltet werden müsste (diese Verwaltung kostet Geld) und auch gewisse Prinzipien der Marktwirtschaft konterkariert. Denn durch den branchenübergreifenden Ausgleich müssen auf einmal die einen Versicherer auch für die anderen mitaufkommen.

Letztlich liefe das auf einen einzigen brancheneinheitlichen Tarif hinaus, der mehr oder weniger gemeinsam von der gesamten Versicherungswirtschaft gemeinsam angeboten wird. Dann könnten wir aber gleich eine staatliche Einheitsversicherung einführen, die sich dann ähnlich anfühlt wie eine zentrale Inkasso- und Schadensabwicklungsbehörde, finanziert über eine zusätzliche „Kfz-Versicherungsabgabe“.

Da bin ich dann ganz persönlich viel zu sehr ein Verfechter der Idee des Wettbewerbs, als dass ich jetzt fordern würde, eine neue staatliche Lösung einzuführen. Zumal die Versicherer hier zeitweise (und zum Teil auch heute) einen gesunden Wettbewerb haben, angesichts der recht knappen Margen, die die Branche derzeit an der Kfz-Versicherung verdient. Aber das ist eine persönliche Einschätzung, die schon ein wenig in den politischen Bereich hineinragt.

P. S. So etwas ähnliches habe wir ja auch schon erlebt, als der Unisextarif vor gut zehn Jahren eingeführt wurde. Der hat nämlich im Großen und Ganzen nur minimale Einsparungen für die einen Versicherten gebracht aber deutliche Erhöhungen für die anderen. Unterm Strich hatte damals nur einer gewonnen: Die Versicherungsbranche, die seitdem einfach mehr Geld kassiert!


Eigenen Kommentar abgeben
Name (Sie dürfen auch ein Pseudonym angeben)
E-Mail* (wird nicht veröffentlicht)
Ihr Kommentar*
 

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.

Mit Absenden eines Kommentars erklären Sie sich mit den rechtlichen Hinweisen und den Kommentarrichtlinien einverstanden.