Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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Eine Mail, die an den BdV ging:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
zur aktuellen Debatte zum Provisonsdeckel bei LV-Geschäft bin ich auf einen Bericht gestoßen wo Ihr Vorstandssprecher Herr Axel Kleinlein zitiert wird. Aufgrund seiner Aussagen würde es mich doch brennend interessieren ob Herr Kleinlein nicht freiwillig auf 50% seines Gehaltes verzichten möchte/kann und gleichzeitig freiwillig in die Haftung genommen werden möchte dieses eventuell auch Jahre später noch zurückzahlen zu müssen auch wenn Ihn selbst kein Verschulden trifft. Den Gehaltsverzicht könnte der Bund der Versicherten ja dann für wohltätige Zwecke spenden.
Auf eine Rückmeldung von Herrn Kleinlein freue ich mich.
Mit freundlichem Gruß, N. N. *“
Sehr geehrter Herr N.*,
ich kann Ihre Emotionalität verstehen und bestätige Ihnen gerne, was Sie erwarten: nämlich, dass auch ich nicht bereit bin einfach so freiwillig auf 50 % meines Gehalts zu verzichten (das im Übrigen deutlich unter dem liegt, was ein Versicherungsvorstand so verdient).
Auch ich muss haften und für das gerade stehen, was ich tue. Dabei muss ich mich natürlich an die rechtlichen Normen halten, wie alle anderen auch. Zudem gibt es für mich einen Aufsichtsrat, dem ich Rede und Antwort stehen muss und der mich so ziemlich nach Gutdünken entlassen kann, egal ob ich mir was habe zuschulden kommen lassen oder nicht (einen solchen Rausschmiss durfte ich ja auch schon mal erleben).
Vorweg erst einmal ein Bekenntnis: Aus meiner Sicht macht es viel Sinn, wenn es noch Vermittler aus Fleisch und Blut gibt. Es macht Sinn, wenn eine gute, qualifizierte und ernsthafte Beratung erfolgt. Und es macht Sinn, dass diese dann auch angemessen vergütet wird.
Noch mehr Sinn würde es machen, wenn diese Vermittler die Möglichkeit hätten, gute, einfache und verständliche Produkte verkaufen zu können. Angebote, die einen deutlich geringeren Beratungsaufwand haben, als das, was derzeit am Markt ist. Ist der Beratungsaufwand geringer, dann kann das auch mit etwas geringeren Provisionen klappen. Was ein typischer Vermittler heutzutage im Bauchladen hat, ist aber eben größtenteils Mist. Besonders, wenn es um Lebensversicherungen geht.
Die Produkte sind zu kompliziert und zu schlecht, als dass ein Vermittler sie so einfach verkaufen könnte. Da sind weder die Regularien des Verbraucherschutzes dran schuld, noch ist es eine vermeintlich fehlende Qualifikation der Vermittler. Schuld sind die Versicherungsunternehmen, die schlechte, unverständliche und deshalb nur schwer zu verkaufende Produkte auflegen.
Lieber Herr N.*, ich habe mir die Mühe gemacht einfach mal zu versuchen, die Versicherungsbedingungen eines solchen behäbigen und schwerfälligen Produkts etwas ansprechender aufzubereiten. Das ist nicht leicht. Ich habe dafür als Beispiel den Anfang von § 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der sogenannten DAX-Rente der Nürnberger Lebensversicherung als Hörbuch aufgenommen. Dabei habe ich mir Mühe gegeben, sie möglichst lebendig und aufregend zu sprechen!
Egal wie man den Text spricht und aufbereitet, er bleibt unverständlich. Wer Vermittler zwingt, derart schlechte Produkte zu verkaufen, geht den Vermittlern ans Geld. Denn je komplizierter und unverständlicher das Produkt ist, desto aufwendiger und zeitintensiver ist die Beratung.
Ja, Sie haben als Vermittler in der Beratung viele Regularien zu befolgen, die Ihnen Ihre Arbeit beschwerlich machen. Und manche behaupten, dass Sie dies dem Verbraucherschutz zu verdanken hätten. Stimmt aber nicht. Denn es gab immer wieder schwarze Schafe in Ihrer Branche, die Regelungslücken dazu genutzt haben, den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu schaden. Kein Wunder, dass immer wieder Stimmen laut wurden, diese Lücken zu schließen.
Die Politik hat oft darauf gesetzt, dass die Branche sich selbst reguliert und darauf achtet, dass alles so läuft, wie es eigentlich sein sollte. Zuletzt war das beim Lebensversicherungsreformgesetz der Fall. Da hat der Bundestag den sogenannten Zillmersatz von 4 Prozent auf 2,5 Prozent gesenkt. Eigentlich wollte er damit die Provisionen senken.
Zugegeben, das ist im Gesetz ziemlich pfuschig umgesetzt. Diese Regelung zu den 2,5 Prozent erlaubt auch weiterhin, dass höhere Provisionen gezahlt werden können. Die Folge war leider, dass sich die Branche nicht darum geschert hat, was die Politikerinnen und Politiker eigentlich wollten. Stattdessen hat die Versicherungswirtschaft mit Provisionen und Abschlusskosten im Großen und Ganzen genauso weitergemacht wie bisher.
Die Versicherungsunternehmen waren ganz froh, dass Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen in den letzten vier Jahren auch weiter fleißig Verträge verkauft haben. Ganz besonders, weil ja allen klar war, dass mit der Evaluierung des LVRG ein Ende der hohen Provisionen kommen wird. Oder Provisionen in der Lebensversicherung per se gestrichen werden.
Machen Sie sich nichts vor. Die Versicherungsunternehmen wollen zukünftig nicht mehr auf Vermittler setzen, sondern immer stärker auf digitale Lösungen. Heute sind es Reiseversicherungen, die über Alexa verkauft werden, morgen vermutlich auch andere Produkte. Die Vermittler aus Fleisch und Blut werden so zur Verfügungsmasse im betriebswirtschaftlichen Kalkül der Unternehmen. Die Versicherten und deren Verträge werden in den Run-Off verkauft, wenn Sie unbequem werden und die Vermittler und Vertreter werden abgewickelt, sobald sie überflüssig sind.
Lieber Herr N.*, viele Lebensversicherungsunternehmen stehen derzeit mit dem Rücken zur Wand. Da braucht es niemanden zu wundern, dass nicht nur die Versicherten, sondern auch die Vermittler von den Versicherungskonzernen alleine gelassen werden. In der Diskussion um die Provisionen offenbart sich das sehr deutlich. Die Diskussion geht letztlich nicht darum, ob sie vier Prozent oder 1,5 Prozent bekommen sollen. Es geht mehr darum, ob es auf Dauer überhaupt noch Provisionen geben wird.
Mit besten Grüßen
Axel Kleinlein
Hintergrundinfos:
Pressemitteilung der Nürnberger Versicherung “Alexa spricht ab jetzt fränkisch!“ https://www.nuernberger.de/medien/pdf/presseinformationen/pin2018/alexa-spricht-ab-jetzt-fraenkisch.pdf
Die Versicherungsbedingungen zur DAX-Rente der Nürnberger Lebensversicherung:
http://content.morgenundmorgen.com/mmoffice-ds/lv/118/avbs/gn291451_201701_p.pdf
* Der Name wurde auf Wunsch des Betroffenen weiter unkenntlich gemacht. Wir kommen diesem Wunsch gerne nach, ohne dass darin die Anerkennung einer Rechtspflicht zu sehen ist.