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Kleinleins Klartext

Orientierungslos oder Ungerecht?… In Diskussion mit einem Bundestagsabgeordneten

Orientierungslos oder Ungerecht?… In Diskussion mit einem Bundestagsabgeordneten

 17.02.2016  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Ich bin stolz auf unsere Mitglieder. Nicht nur, dass sie uns unseren Job ermöglichen. Sie sind auch zuweilen selbst verbraucherpolitisch aktiv und treten zum Beispiel unseren Abgeordneten auf die Füße.

Nicht so stolz bin ich auf den einen oder anderen Abgeordneten im Bundestag. Die lassen sich manchmal ziemlich arg von der Versicherungslobby einlullen. Dann machen sich bei den Parlamentariern Überzeugungen breit, die einer Überprüfung in der Wirklichkeit nicht standhalten. Es fehlt einfach die Orientierung an der Realität. Ein Beispiel:

Im Nachgang zu einem Gesetz, dem Lebensversicherungsreformgesetz, hat sich eines unserer Mitglieder, Herr B., bitterlich und zuweilen etwas polemisch bei einem der beiden Koalitionäre beklagt. Unter anderem führte unser Mitglied aus, „dass Gewinne aus dem Geld der Versicherten … als risikobehaftetes Eigenkapital der Gesellschaft benutzt werden können, ist schon ein groteskes Zugeständnis der Politik an die Versicherungslobby.“

Klingt nach hartem Tobak, aber er hat ja Recht.

Sehr lobenswert ist, dass Herr B. eine Antwort bekommen hat. Herr Z. hat sich als berichterstattender Bundestagsabgeordneter mit den Argumenten von Herrn B. auseinandergesetzt. Unter anderem möchte Herr Z. beschwichtigen: „Mit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes haben wir den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Wir schreiben eine verursachungsgerechte Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Überschüssen vor…“. Anders ausgedrückt: Unser Mitglied brauche sich nicht sorgen, dass er von seinem Versicherer schlecht behandelt würde, denn es gehe ja alles streng nach Gesetz und ganz gerecht zu.

Diese Korrespondenz hat uns dann das Mitglied zukommen lassen, denn so richtig überzeugt war er von dem Schreiben des Abgeordneten noch nicht.

'Verursachungsorientiert' ist nicht 'verursachungsgerecht'

Und was der Abgeordnete hier schrieb, ist auch falsch. Denn anstatt eine „verursachungsgerechte Überschussbeteiligung“ ins Gesetz zu schreiben, fand nur das Wort „verursachungsorientiert“ Eingang in den Gesetzestext.

Das klingt nach Spitzfindigkeit, ist es aber nicht. Denn wenn etwas „gerecht“ sein soll, kann man prüfen, ob das tatsächlich gerecht ist. Soll es nur „orientiert“ sein, dann ist der Spielraum sehr groß. Zumindest groß genug um auch „ungerecht“ sein zu können.

Diese Unterscheidung war uns so wichtig, dass wir Herrn Z. angeschrieben haben und ihm den Unterschied erläuterten (Auszug aus dem Schreiben siehe unten). Auch haben wir ihm angeboten, das Thema in einem Gespräch zu vertiefen. Eine Antwort auf dieses Schreiben haben wir aber nicht bekommen.

Nach einiger Zeit hat meine Assistentin, Frau J., dann doch noch mal nachgehakt. Die Antwort war eher dürftig (ungekürzt): „Sehr geehrte Frau J., es macht zur Zeit keinen Sinn, in einen Dialog zu treten, da wir momentan keinen politischen Entscheidungsbedarf haben. Mit freundlichen Grüßen, im Auftrag, gez. M.Z. MdB“.

Schade, dass bei diesem Abgeordneten das Interesse an einem Austausch eher schwach ausgeprägt ist. Es wäre schön, wenn sich auch Abgeordnete mal Orientierung geben lassen würden - und das nicht nur von der Versicherungslobby. Dann würde man vielleicht auch den Unterschied zwischen „gerecht“ und „orientiert“ diskutieren können.

PS: Gegen einen Kernpunkt des Lebensversicherungsreformgesetztes, nämlich gegen die Kürzung der Beteiligung an den Bewertungsreserven gehen wir jetzt gerichtlich vor.
Denn es gilt ja auch heute noch: Ceterum censeo occulta reserves esse recederem.

Auszug aus unserem Schreiben an Herrn MdB Z.:
…In Ihrem Schreiben [an unser Mitglied Herrn B.] verweisen Sie darauf, dass es 2008 gelungen sei, eine „verursachungsgerechte“ Überschussbeteiligung vorzuschreiben. Damit wollen Sie die Bedenken unseres Mitglieds ausräumen, dass womöglich keine gerechte Überschussbeteiligung erfolgen würde. Tatsächlich müssen die Versicherer aber gerade eben keine „verursachungsgerechte“ sondern nur eine „verursachungsorientierte“ Überschussbeteiligung gewähren. Was nach einer sprachlichen Spitzfindigkeit klingt, hat für die Versicherten aber deutlich schlechte Auswirkungen. Es ist gerade die „Verursachungsorientierung“, die den Lebensversicherern erheblich weiteren Spielraum in der Festsetzung der Überschussbeteiligung gibt, als es bei der „Verursachungsgerechtigkeit“ wäre. Auch entzieht sich die „Verursachungsorientierung“ einer zivilrechtlichen Prüfung. Somit ist die Rolle der Versicherten deutlich geschwächt, so lange die „Verursachungsorientierung“ das Leitbild darstellt. Sehr gerne bieten wir Ihnen an, uns hierzu tiefer gehender auszutauschen, da Sie genau hier als Gesetzgeber gegensteuern können…


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