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Kleinleins Klartext

Pass genau auf, wenn du einem Abstürzenden die Hand reichst – oder warum sich die Politik von der Versicherungswirtschaft distanzieren sollte

Pass genau auf, wenn du einem Abstürzenden die Hand reichst – oder warum sich die Politik von der Versicherungswirtschaft distanzieren sollte

 18.10.2018  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Im September konnte es nicht mehr schnell genug gehen. Da ging es um die Zinszusatzreserve. Denn es war zu erwarten, dass ein paar Versicherer so große Probleme bekommen könnten, dass sie einfach nicht mehr können. Und um zu vermeiden, dass ein Versicherer nicht mehr genügend Solvenz hat, werden nun die Spielregeln zur Zinszusatzreserve von den Politikerinnen und Politikern einfach geändert. Streng nach der Devise: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Wir haben das als BdV auch mit unterstützt. Dabei war es uns aber wichtig, immer darauf hinzuweisen, woher das Problem kommt. Denn es sind nicht die niedrigen Zinsen, die das Dilemma heraufbeschworen haben. Es waren die Versicherungsunternehmen, die sich verkalkuliert haben.

Her mit der ZZR

Um die Fehlkalkulation auszugleichen, wurde 2011 die Zinszusatzreserve von der Politik auf Anraten der Versicherungsmathematiker eingeführt. Das war aber dann auch wieder nicht so richtig gut gelungen. Denn damals sind diese Mathematiker einfach davon ausgegangen, dass das mit den Niedrigzinsen nicht wirklich tiefer geht als zwei Prozent. Da haben die sich aber schon wieder getäuscht und sich wieder verkalkuliert. Deswegen werden jetzt die Regeln zur Zinszusatzreserve auch wieder angepasst – und auch diesmal ist die Politik mit im Boot.

Immer wenn es darum geht, solche Änderungen zu Gunsten der Versicherungsunternehmen umzusetzen, da geht das sehr, sehr schnell. Wenn es darum geht, mal etwas zu Gunsten der Versicherungskundschaft zu unternehmen, dann geht das nur sehr, sehr langsam. Und zuweilen werden solche Änderungen dann auch wieder zurückgenommen.

Grenzen setzen!

Aktuell wäre es sehr wichtig bei einigen Themen der Versicherungswirtschaft Grenzen zu setzen und die Versicherten zu schützen: Wenn es darum geht, dass Verträge nicht einfach so an ausländische Investoren verkauft werden sollen, die die Verträge dann einfach nur noch verwalten (die Abwicklungsplattformen). Wenn die Verträge bei Unternehmen versauern sollen, die kein Neugeschäft mehr schreiben und sich die Versicherer dann nur noch darum kümmern, wie man am meisten Rendite aus den Versicherten-Verträgen herauspressen kann (der Run-Off).  Wenn es darum geht, Provisionsexzesse und übermäßige Abschlusskosten zu verhindern (da geht’s um den Provisionsdeckel). Oder wenn es darum geht, den Kundinnen und Kunden Überschüsse vorzuenthalten, die ihnen eigentlich zustehen (bei den Bewertungsreserven).

Run-Off, Abwicklungsplattformen, Provisionsdeckel und Bewertungsreserven sind nur die wichtigsten Punkte, die aktuell die Lebensversicherungswirtschaft so richtig mies für die Verbraucherinnen und Verbraucher macht. Aber genau diese Themen sind auf einmal nicht mehr en vogue im politischen Berlin. So lange die Neuregelungen zur Zinszusatzreserve noch nicht auf dem Weg waren, da fand noch eine Diskussion um diese Themen statt. Denn jetzt hat die Versicherungswirtschaft das bekommen, was sie will - jetzt wird es still um die anderen Aspekte.

Handlanger der Versicherungswirtschaft

Die Politik beweist sich mal wieder als willfähriger Handlanger der Versicherungswirtschaft. Und das war sie auch in der Vergangenheit sehr oft.

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher erinnern sich aber daran, welche Politikerinnen und Politiker ihnen die Lebensversicherungsprodukte ans Herz gelegt haben, die sich jetzt als Rohrkrepierer entpuppen. Egal ob es die Parteien waren, die mit Begeisterung von der Lebensversicherung schwärmten. Oder die Gewerkschaften, die ihren Mitgliedern die Kapitallebensversicherung ans Herz legten. Oder auch manche Ministerialen, die die Riester-Rente propagierten.

All diese Handlanger der Versicherungswirtschaft sollten sich überlegen, ob sie auch weiterhin Handlanger sein wollen. Denn was die Damen und Herrn Politiker nicht vergessen sollten: Wenn du jemandem die Hand reichst, der gerade in den Abgrund taumelt, dann reißt der dich womöglich mit.

Und dass der politische Absturz in die Bedeutungslosigkeit real werden kann, das hat so mancher zum Beispiel just in Bayern lernen dürfen.

 


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