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Kleinleins Klartext

Run-Off - der (vielleicht gar nicht ganz so) „legale Betrug 2.0“

Run-Off - der (vielleicht gar nicht ganz so) „legale Betrug 2.0“

 22.05.2019  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Als Folge der massiven Fehlkalkulation vieler Lebensversicherer beschreiten mehr und mehr Unternehmen den Weg, ihre Versichertenbestände in den Run-Off zu schicken. Vereinfacht geht es darum, kein Neugeschäft mehr zu schreiben und stattdessen die Bestände abzuwickeln: entweder innerhalb des eigenen Unternehmens (interner Run-Off) oder aber durch den Verkauf der Bestände an einen anderen Versicherer, der dann die Verträge abwickelt.

Entscheidend bei einem Bestandsverkauf ist, dass die Verträge zukünftig von einem Versicherer geführt werden, der kein Reputationsrisiko mehr trägt, falls die Kundinnen und Kunden unzufrieden werden. Dementsprechend ist damit zu rechnen, dass die Versicherten dann schlechteren Service vom Versicherer zu erwarten haben. Die jüngsten Beschwerdequoten bestätigen dies bereits.

Hat der Versicherer kein Interesse mehr an zufriedener Kundschaft, dann kann er auch weitere Maßnahmen zu Lasten der Versicherten einleiten. Bei Lebensversicherungen, wie sie in Deutschland üblich sind, geht es dabei hauptsächlich um die Überschussbeteiligung. Hier haben die Unternehmen Spielräume, die sie zu Lasten der Versicherten ausschöpfen können. Je nachdem, wieviel Gelder sie zum Beispiel in Reservetöpfen wie der „freien RfB“, im „SÜAF“ (Schlussüberschussanteilsfonds) oder anderen Reservetöpfen parken, umso mehr Spielraum besteht, den Investoren satte Dividenden zukommen lassen zu können.

Die Rolle der Investoren

Gerade beim externen Run-Off spielen die Investoren eine wichtige Rolle. Die machen ja nur deswegen Geld für den Kauf der Lebensversicherungsverträge locker, um dann satte Dividenden zu erhalten. Sie haben also keinerlei Interesse, dass die hinter den Verträgen stehenden Versicherten zufrieden sind und angemessene Überschüsse bekommen. Im Gegenteil ist jeder Cent Überschussbeteiligung eine Schmälerung der Rendite des Investors. Der wird deswegen darauf drängen, dass die Überschüsse möglichst klein gehalten werden.

Oft hört man die Behauptung, es entstünden hohe Kostengewinne, wenn die Run-Off-Unternehmen viele Verträge unterschiedlicher Unternehmen verwalten würden. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Erfahrungen der Unternehmen, die bisher unterschiedliche Bestände zusammenführten, machten deutlich, dass dies erst einmal sehr viel Geld kostet. Es sind also für viele Jahre Kostenverluste und keine Kostengewinne zu erwarten.

Intransparenz

All diese Probleme rund um den Run-Off werden bislang kaum in der Öffentlichkeit diskutiert. Hintergrund ist die Fortsetzung der schon immer von der Versicherungsbranche praktizierten Intransparenz. Viele Kundinnen und Kunden werden gar nicht oder nur unzureichend darüber informiert, dass ihre Verträge nur noch abgewickelt werden, weil sie sich im Run-Off befinden. Der Verkauf der Generali-Verträge ist dabei ein gutes Beispiel.

Zusammenfassend gilt also:

Der Run-Off in der Lebensversicherung degradiert die Versicherten und ihre Verträge zu einer Ware, aus der Investoren möglichst viel herauspressen wollen: „Legaler Betrug 2.0“.

 

… dabei ist die Legalität in Detailfragen noch zu prüfen.


Kommentare
Kommentar von Jochen Falteck  am  22.05.2019 08:34
Es gibt ja auch Verbraucherschutzorganisationen, die selbst Gruppenversicherungen mit verminderten Kosten vermitteln, selbst dann aber nochmal nicht unerhebliche jährliche Verwaltungskosten und Mitgliedsbeiträge verlangen. Dies ist m.E. Verbraucherbetrug 8.0. Über beratende Verbraucherzentralen (die gegen Honorar vermitteln) die aufgrund ihrer eigenen Versicherungsberatung insolvent gehen möchte ich mich erst garnicht auslassen.

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