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Kleinleins Klartext

Stoppt Riester? Nicht mit mir!

Stoppt Riester? Nicht mit mir!

 20.05.2021  Kleinleins Klartext  3 Kommentare  Axel Kleinlein

„Ihr macht doch die Aktion gegen Riester, oder?“ fragen die einen. „Du willst doch, dass das mit Riester endlich aufhört!“ erklären mir andere. Und dann wird auch noch immer wieder behauptet, ich würde mich für „Stoppt Riester!“ starkmachen.

Stimmt alles nicht.

Weder bin ich gegen Riester noch will ich Riester stoppen und erst Recht möchte ich kein Ende von Riester. Walter Riester ist ein honoriger Politiker, dem ich alles Gute wünsche, der nicht nur sehr nett und gastfreundlich, sondern auch ein zuweilen kluger Politiker ist und in seiner Zeit als Bundesminister auch hehre Absichten hegte.

Bevor ich aber zu sehr ein Loblied auf den ehemaligen Arbeitsminister singe: Er hat sich leider von der Finanzindustrie zu sehr über den Tisch ziehen lassen – böse Zungen sagen gar, sie hätte ihn dann später gekauft und für ihre eigenen Zwecke als Altersvorsorge-Maskottchen für Selfies mit Vermittlern eingesetzt. Um ganz genau zu sein: Als Walter Riester die nach ihm benannte Altersvorsorge entwickelt hat, hat er sich von der Versicherungswirtschaft so einlullen lassen, dass die damalige Rot-Grüne-Koalition die Riester-Rente gebar. Man beachte den Zusatz „Rente“.

Entscheidend ist das Wort "Rente"

Und das ist genau das entscheidende Wörtchen – die „Rente“. Es wäre alles vermutlich deutlich besser gegangen, wenn sich Walter für eine Riester-Vorsorge und nicht nur eine Riester-Rente stark gemacht hätte. Der Unterschied? Bei der Riester-Rente müssen die Sparbemühungen am Schluss immer in eine Rente münden. Und in der deutschen Privatwirtschaft dürfen nur Lebensversicherer solche Renten anbieten. Damit war von vornherein klar, dass bei jeder Riester-Rente immer eine Lebensversicherung mitverdient.

Riester-Sparen in den Fängen der Versicherer

Das Konzept der Riester-Rente ist also darauf ausgelegt, in jedem Fall den Versicherungsunternehmen das Geschäft zuzuschieben. Und die Versicherer müssen sich darum gar nicht bemühen, denn das steht ja so im Gesetz. Es wurde zwar so getan, als könne man auch bei einer Bank oder Fondsgesellschaft einen Vertrag abschließen. Am Schluss ist man aber immer in den Fängen der Versicherer – so sieht es das Gesetz vor. Klar, es gibt wenige Ausnahmen. Bei der selbst genutzten Immobilie kann man vor den Versicherern fliehen (ist kompliziert und steuerlich aufwendig) oder man hat sowieso sehr wenig gespart, dann wird man auch freigelassen und bekommt das angesparte Geld auf einen Schlag (dann hat man aber eben auch wenig gespart und hat nicht viel davon).

Das Problem bei der Riester-Rente ist also nicht „Riester“, sondern die „Rente“. Natürlich gibt es jetzt diejenigen die sagen, man dürfe doch alten Menschen nicht selber die Entscheidung über das freiwillig angesparte Geld überlassen. Denn diese alten Leute würden ja nicht vernünftig mit Geld umgehen können. Alte Menschen würden alles auf einmal verprassen und dann der Allgemeinheit auf der Tasche liegen. Weil es ja selbsterklärend ist, dass Menschen, die in ihrem Arbeitsleben finanziellen Verzicht übten und finanzielle Vernunft zeigten, jetzt auf einmal zu Finanz-Idioten mutieren, nur weil sie 67 Jahre alt werden.

Auch alte Menschen können mit Geld umgehen

Ich persönlich glaube, dass man auch älteren Menschen zutrauen kann, vernünftig mit Geld umzugehen. Ich glaube, dass man auch alte Menschen nicht dazu zwingen sollte, unbedingt bei einer Lebensversicherung eine teure Rente zu kaufen. Das Problem sind die Versicherer, das Problem ist der Zwang, eine Rente zu kaufen. Deshalb bin ich auch sofort dabei, wenn es darum geht, zu fordern: „Stoppt die Riester-Rente!“ und „Beendet die Riester-Rente!“.

Und genau das haben wir auch zum zwanzigsten Jahrestag der Riester-Rente gemacht! Zusammen mit den Chefs vom vzbv und der Bürgerbewegung Finanzwende, mit Klaus Müller und Gerhard Schick, habe ich vor dem Kanzleramt das Ende der Riester-Rente gefordert.

„Stoppt die Riester-Rente!“ Aber dem Walter, dem will ich nichts Böses.

PS: Wenn auch Sie das Ende der Riester-Rente fordern, dann unterschreiben Sie doch unsere Petition, die wir zusammen mit vzbv und der Bürgerbewegung Finanzwende auf den Weg gebracht haben. HIER können Sie einfach unterschreiben.

Hintergrund zu unserer Aktion „Stoppt die Riester-Rente“:

Hier geht’s zum Positionspapier

Hier geht’s zu den FAQs

Hier geht’s zur Petition

Hier geht's zur Pressemitteilung

 


Kommentare
Kommentar von Andi  am  29.05.2021 00:43
Da es ein fachlicher Austausch bleiben soll, lassen wir es doch beim Inhaltlichen ohne persönliche Details.

Da ist doch nochmal etwas Klarstellung inhaltlich nötig:
1) Nein, die Finanzierung der ZZR geht eben natürlich NICHT zu Lasten der ÜB, denn jeder EUR kann nur einmal ausgegeben werden. Und die Regelung ist klar: Zuerst wird die Garantie finanziert und erst NACH der Darstellstellung dieser kann es ÜB geben. Von daher ist das Argument Unsinn, Geld für Garantien müsste eigentlich als ÜB zur Verfügung stehen. Das verkennt einfach die fundamentale Reihenfolge und die Verbuchung von Garantiezins in der Rechnungslegung!
Natürlich bleibt bei Riester etwas übrig von der Gesamtverzinsung! Selbst bei 0,9% Rechnungszins und Beitragsgarantie werden ja noch die eingezahlten Beiträge und Förderungen zu 100% garantiert (also NICHT nur der Sparanteil!), sodass also p.a. höchstens unter 1%-Punkt abgeht an Gesamtkosten.
2) Es ist schlicht falsch zu behaupten es käme hinterher weniger rein als man eingezahlt hat! Dazu hat Prof. Michael Hauer gerade erst heute realistischere Berechnungen präsentiert. Genau mindestens 100% stehen ja zur Verfügung zu Rentenbeginn.
3) Nochmal: Eine Rente schließt es aus, dass das Geld ab 67 auf einen Schlag verkonsumiert werden kann. Es ist nicht Sinn von Riester, damit z.B. die Weltreise oder das größere Auto zu finanzieren. Man vergleiche das zum Beispiel mit der (oft fälschlich gerühmten) gesetzlichen Rente. Da besteht überhaupt kein Wahlrecht, bei Riester gibt es zumindest auch Rentengarantiezeiten zu Gunsten von Angehörigen. Da bietet Riester also mit den 30% deutlich mehr!
4) Risikogewinne werden nur in wenigen Fällen benötigt um Zinsergebnisse auszugleichen, siehe die Angaben nach §15 MindZV im WWW. Und wenn dann meist nur in geringem Umfang und diese kommen derzeit so gut wie GAR NICHT aus Langlebigkeit. Langlebigkeit ist im Gegenteil heute vermehrt noch ein Draufzahlgeschäft innerhalb des Risikoergebnisses. Der Vorwurf "verkalkuliert" hat sich längst tot gelaufen, weil es ja zu Gunsten der Kunden "verkalkuliert" wäre, eher schräg wenn ein Verbrauchenschützer das anprangert!
5) Aktienanlage war vielleicht rechtlich bis zu 35% erlaubt, aber wegen der HGB-Bilanzierung und Abschreibungsregelungen bez. dauerhafter Wertminderung im §341b HGB ist das schlicht ökonomisch nicht möglich, wenn gleichzeitig JÄHRLICH die Garantiezinsen als Aufwand verbucht werden müssen. Es gibt aber ja durch aus LVU mit zweistelligen Aktienanteilen.
Die Pauschalaussage zu angeblich mangelhafter Kapitalanlage-Leistung ist natürlich absurd, wenn man sowohl die Nettoverzinsungen, mehr aber noch eine Gesamtperformance der Kapitalanlagen der deutschen LVU betrachtet! Nicht nur Aktien haben da gute Ergebnisse abgeliefert, sondern genau eben auch sehr lange laufende Anleihen. Kaum ein Privatanleger hätte das in diesem Umfang selbst jemals so umgesetzt! Dazu noch viele andere erfolgreiche Assetklaseen. Und es gibt durchaus LVU mit zweistelligen Aktien/Beteiligungs-Quoten in den Beständen.

MfG und im Sinne tatsächlicher Transparenz für unsere Kunden!
Kommentar von Axel Kleinlein  am  28.05.2021 12:45
Lieber Andi,
immer wieder schön von Dir zu hören!
Zu Deinen Kommentaren:
1. Die "solide Gegenfinanzierung" geht ja auf Kosten der Überschussbeteiligung, also durch den Griff in die Taschen der Versicherten. Solide finde ich das nicht. Und der Garantiezins wirkt ja nur auf den Sparanteil, da bliebt von den vermeintlich hohen Garantiezinsen oft nichts Übrig.
2. Hohe "Förderquoten" ändern nichts daran, dass am Schluss oft weniger rauskommt als eingezahlt wurde. Sich schöne Zahlen zurechtzurechnen macht die Riester-Rente auch nicht besser.
3. Nein, die Forderung ist nicht umgesetzt, denn mindestens 70 Prozent des Angesparten muss dann trotzdem als Rente ausgezahlt werden. Das nenne ich Entmündigung wenn man über diese Geld nicht frei entscheiden kann!
4. Stimmt nicht, denn die Risikogewinne werden z. T. mit negativen Zinsergebnissen verrechnet, die es deswegen gibt, weil sich die Versicherer mit den Garantiezinsen verkalkuliert haben. Und selbst wenn das nicht geschieht, sehen genau diejenigen nichts von den Überschüssen aus deren Tod die Gewinne generiert werden.
5. Aktienanlage sind für Versicherer schon immer in viel größerem Umfang möglich gewesen als sie es tatsächlich genutzt haben (aber in Sachen Kapitalanlage waren die Versicherer noch nie besonders erfolgreich und clever).

Vielleicht können wir uns auch mal in Klarnamen und Klartext miteinander austauschen. Die Diskussion ist in jedem Fall immer anregend!
Liebe Grüße
Axel
Kommentar von Andi  am  27.05.2021 12:26
Leider eine weitere peinliche Aktion vermeintlicher "Verbraucherschützer" gegen die sinnvolle Altersvorsorge der Menschen! Die Fakten:
1) Riester wurde zum gros in Zeiten abgeschlossen als es noch aus heutiger Sicht hohe Garantiezinsen gab, die Mehrzahl bis 2011 mit 2,25-3,25% noch auf Jahrzehnte und dank Zinszusatzreserve solide gegenfinanziert
2) Gerade Kleinverdiener mit zum Beispiel 2 Kindern bekommen monatlich die höchste Förderungsquote schon ab 5 € Eigenleistung etwa 65 Euro vom Staat dazu, zusätzlich zu den Zinsen über heutigem Marktniveau. Die Kosten für den Vertrieb (ja auch diese Menschen in der Beratung arbeiten nicht umsonst) sind übrigens längst bezahlt und belasten die Sparer nicht mehr!
3) Man muss Riester nicht komplett als Rente nehmen, sondern kann 30% sofort bei Rentenbeginn auszahlen lassen, besser noch 1 Jahr später wegen der Steuerprogression... Forderung ist also schon umgesetzt. Dass es aber an sich schon verständlich ist eine Rente auch so auszuzahlen versteht sich eigentlich von selbst, denn sonst kommt mit 85 oder früher das böse Erwachen dass kein Geld mehr da ist, aber (zum Glück) noch Lebenszeit.
4) Würde man nicht schrecklich einseitig Contra Lebensversicherer argumentieren, wüsste jeder dass mindestens 90% der Gewinne aus (vielleicht) mit Sicherheitspuffer kalkulierter Lebenserwartung nicht die bösen Versicherer einstecken, sondern diese an das Kundenkollektiv zurück fließen als Überschussbeteiligung. Auch eine staatliche Rente könnte übrigens nicht mit der Lebenserwartung des statistischen Bundesamtes kalkulieren, da Menschen mit höheren Renten erfahrungsgemäß länger leben bzw. auch Menschen die überhaupt es schaffen lange zu arbeiten. Ist halt nur unauffälliger, das Risiko dem künftigen Beitragszahler zu überlassen...
5) Genau weil heute neu startende Riester-Sparer nicht mehr das Glück der hohen alten Garantien haben, ist es dringend geboten die Garantie auf höchstens 80% zu senken und Aktien damit als Vermögensbestandteil besser zu ermöglichen, das schafft etwa bis zu 50% Aktienquote je nach Laufzeit!

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