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Kleinleins Klartext

Und täglich grüßt das Riester-Murmeltier

Und täglich grüßt das Riester-Murmeltier

 23.01.2019  Kleinleins Klartext  4 Kommentare  Axel Kleinlein

Es tut mir leid, schon wieder die leidige Riester-Debatte zu befeuern. Aber dank der üblichen Protagonisten dieser üblichen Diskussion (hier geht ein besonderer Gruß in die Leipziger Straße in Berlin!) beschäftigt mich diese Debatte erneut. Und in der Recherche stößt man dann immer wieder auf neue Ungereimtheiten bei den Aussagen der Riester-Fans. Die möchte ich Ihnen nicht verschweigen.

Neueste Entwicklung: Die Riester-Lobbyisten verweisen jetzt gerne auf eine Landingpage des „Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH“ (IVFP) und zwar auf die Page „riester-rendite.de“. Dort wird man begrüßt mit: „Riestern lohnt sich doch!“.

Ist Riester der Rendite-Bringer?

Überraschend? Nicht wirklich. Denn dieses Institut wirbt ansonsten damit, dass es „Professionelle Lösungen für Banken und Versicherungsunternehmen“ hätte. Da unterstelle ich erst mal, dass es für das IVFP hilfreich ist, sich bei Versicherungsunternehmen mit einer knackigen Riester-Werbung anzudienen. Dann nimmt man doch als Versicherer so eine „professionelle Lösung“ noch lieber in Anspruch.

Aber habe ich recht mit meiner Unterstellung? Vielleicht hat das IVFP doch recht und Riester ist der Rendite-Bringer? Daher versuche ich dann doch zu verstehen, wie das IVFP zu der Aussage kommt.

Der Text auf der Landing-Page beginnt unter anderem damit, dass Riester eine „exzellent geeignete Sparform“ für die Vorsorge für das Rentenalter sei. Neben anderen Aufzählungen von (vermeintlichen) Vorzügen der Riester-Rente (Leibrente, Zulagen, Steuerersparnisse, Grundfreibetrag…) kommt dann der Hinweis, dass sich der Beleg für die Lobpreisung der Riester-Rente im sogenannten „Riester-Rendite-Index“ begründet.

Dann werden die Ergebnisse des „Riester-Rendite-Index“ dargestellt. Wie sich dieser ermittelt, aber nicht. Aber es gibt ja den Link zur Page des Instituts selber. Nach etwas Suche findet man dann dort einige Hintergründe zu diesem Index. Was deutlich wird: Es werden tatsächliche Riester-Verträge betrachtet, die heute schon im Rentenbezug sind. Das ist schon mal spannend. Für die Annahmen zur Lebenserwartung wird mit der sogenannten „DAV04R-2. Ordnung“ auch auf eine annehmbare Tafel abgestellt (auch wenn hier die niedrigeren Lebenserwartungen der Geringverdiener nicht beachtet werden).

Aber für die Renditeberechnung wird nur auf die Eigenbeiträge abgestellt! Es wird also so getan, als wären insbesondere auch die Zulagen ein Plus, das sich aus der Rendite des Vertrages ergäbe! Denn in dem Zahlungsstrom der der Renditeberechnung zugrunde liegt, gehen die Zulagen implizit so ein, als wären sie ein Renditeerfolg, den der Finanzdienstleister erwirtschaftet hätte.

So zu rechnen ist Unfug

So zu rechnen ist natürlich Unfug. Denn Zulagen sind ja eben kein Rendite-Plus. Sondern Zulagen sind Gelder, für die die Steuerzahlenden in die Tasche greifen mussten! Wer so rechnet, der tut so, als hätten etwa die Versicherungen so gut gearbeitet, als hätten sie aus den Eigenbeiträgen der Bürgerinnen und Bürger zusätzlich sogar Renditen in genau der Höhe der Zulagen erwirtschaftet!

Zumindest als Person vom Fach kann man das erkennen. Für die, die nur kurz auf die Landing-Page „Riester-Rendite“ schauen, ist das aber nicht klar. Da bekommt man dann eben einen sehr geschönten Eindruck von der Renditestärke der Riester-Rente.

Warum überhaupt die Kolleginnen und Kollegen im IVFP diese Untersuchung angestellt haben? Insbesondere „sollten zwei Kritikpunkte an der Riester-Rente auf deren Wahrheitsgehalt hin“ überprüft werden. Der eine bezieht sich auf das „biblische Alter“, das bei einer Riester-Rente erreicht werden muss und der andere auf die „geringe Rendite“, bezogen auf die „Nettoaufwände/-einzahlungen des Kunden“.
Und hier wird der Fehler nochmals deutlich! Das IVFP unterstellt einfach, dass es richtig sei, nur die Eigenbeiträge zu betrachten. Die mir bekannten Riester-Kritisierenden schauen sich aber eben immer an, was insgesamt in den Riester-Vertrag eingezahlt wird. Das ist besonders auch bei meinen Studien der Fall, die ich vor knapp 8 Jahren veröffentlicht habe. Dort wird eben eine korrekte Renditebetrachtung vorgenommen. Es wird also darauf abgestellt, was in einen Riester-Vertrag eingezahlt wird (Eigenbeiträge plus Zulagen) und was die Finanzdienstleister daraus machen (und das ist eben sehr, sehr traurig).

Zulagen sind keine Renditen!

Was ich deutlich machen will: Zulagen sind keine Renditen! Zulagen sind keine Erfolge der Versicherer oder anderer Finanzdienstleister. Zulagen sind Geschenke von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Und so sollten sie gefälligst auch in Renditeberechnungen eingehen. Alles andere ist unredlich.

PS: Warum ich vermute, dass das IVFP besonders auf meine Veröffentlichungen anspielt? Das liegt daran, dass mich dieses Institut anscheinend unter Generalverdacht stellt, bei jeglicher Riester-Kritik die Finger im Spiel zu haben. In einer „Gegendarstellung“ zu einem Artikel, der in der „Welt“ im Frühjahr 2016 erschien, beschwert sich das Institut zum Beispiel über etwas, was ich vier Jahre zuvor zum Riester-Thema gesagt haben soll. Diese Aussage aus 2012 hatte natürlich nichts mit dem zu tun, was in dem „Welt“-Artikel aus 2016 steht, war aber eben auch irgendwie Riester-Kritik.


Hintergründe zur „Riester-Rendite-Index“ des IVFP:
www.ivfp.de/riester-rendite-index-untersuchung-reale-riester-vertraege/


www.ivfp.de/wp-content/uploads/2018/02/RRI_Gesamtauswertung2018.pdf


Die „Gegendarstellung“ des IVFP:
https://www.ivfp.de/ueber-uns/veroeffentlichungen/gegendarstellung/

Meine Studien zur Riester-Rente:

Friedrich-Ebert-Stiftung:
http://library.fes.de/pdf-files/wiso/08683.pdf


Zusammen mit Kornelia Hagen, DIW:
https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.456061.de


Kommentare
Kommentar von Jürgen Häußler  am  16.02.2019 22:17
Der Grundgedanke von Riester war, ist und bleibt schon falsch! Es bedarf jährlicher staatlicher Zulagen in Milliardenhöhe, damit die "private" Altersvorsorge besser sein soll als die gesetzliche Rentenversicherung.

Mit freundlichen Grüßen aus den Niederlanden

Jürgen Häußler
Kommentar von Hand Hauser  am  24.01.2019 09:22
Als Riesterversicherter verwirrt mich diese Argumentation. Möchten Sie anregen, dass mit als Kunden künftig eine Rendite der Finanzanlage und zusätzlich eine Renditeerhöhung aus „Geschenken von Steuerzahlern“ genannt wird, die ich dann zusammenrechnen soll? Das ist für jemand der immer die Komplexität von Finanzprodukten anprangert, aber einer ganz schöne Kehrtwende. Würde ich die „Geschenke von Steuerzahlern“ außen vor lassen, käme ich vielleicht zum Ergebnis, dass ich bei einem Tagesgeldkonto einen höheren Ertrag hätte. Ihre Argumentation -auch wenn sie sie vor 8 Kajren schonmal aufgestellt haben und frecherweise teilweise einfach ignoriert wurde - ist aus meiner Sicht legaler Betrug am Leser.
Kommentar von Dr. Peter Schwark  am  23.01.2019 16:26
Gelesen und enttäuscht, eine schwache Entgegnung. Ob sich #Riester für den Einzelnen lohnt oder nicht, das ist hier die Frage. Und die wird mit der IVFP-Renditeberechnung korrekt beantwortet, das gestehen Sie implizit ja sogar zu.

Ihre Veröffentlichung mit dem DIW ist dagegen doch längst widerlegt:

https://www.ifa-ulm.de/fileadmin/user_upload/download/sonstiges/2012_ifa_Russ_Rechnen-sich-Riestervertraege-nur-wenn-der-Sparer-hundert-Jahre-alt-wird.pdf

Beste Grüße aus der Wilhelmstraße

Peter Schwark
Kommentar von Kreisel Reinhard  am  23.01.2019 15:36
Aus Sicht des Sparers allerdings sind Zulagen und Steuervorteile sehr wohl Renditen, lieber Herr Kleinlein.

Ansonsten müsste man auch bei jeder anderen Betrachtung, zum Beispiel bei vermietetem Wohneigentum, solche Steuervorteile komplett unter den Tisch fallen lassen. Im Ernst jetzt?

Nun gut, ich nehme es Ihnen durchaus ab, dass Sie als studierter Mathematiker sicherlich ganz gut rechnen können. Aber noch deutlich besser sind Sie darin, die Dinge einfach in Ihrem eigenen Interesse so lange zu verdrehen bis sie Ihnen passend erscheinen um anschließend mit der von Ihnen selbst zurecht gebastelten eigenen subjektiven Wahrheit und mit durchaus gekonnten rhetorischen Geschick Stimmung zu machen.
Ach ja, fast hätte ich mich nicht mehr dran erinnert: Sie sind ja MeinungsMacher!

LG, ein Bewunderer

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