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Es tut mir leid, schon wieder die leidige Riester-Debatte zu befeuern. Aber dank der üblichen Protagonisten dieser üblichen Diskussion (hier geht ein besonderer Gruß in die Leipziger Straße in Berlin!) beschäftigt mich diese Debatte erneut. Und in der Recherche stößt man dann immer wieder auf neue Ungereimtheiten bei den Aussagen der Riester-Fans. Die möchte ich Ihnen nicht verschweigen.
Neueste Entwicklung: Die Riester-Lobbyisten verweisen jetzt gerne auf eine Landingpage des „Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH“ (IVFP) und zwar auf die Page „riester-rendite.de“. Dort wird man begrüßt mit: „Riestern lohnt sich doch!“.
Überraschend? Nicht wirklich. Denn dieses Institut wirbt ansonsten damit, dass es „Professionelle Lösungen für Banken und Versicherungsunternehmen“ hätte. Da unterstelle ich erst mal, dass es für das IVFP hilfreich ist, sich bei Versicherungsunternehmen mit einer knackigen Riester-Werbung anzudienen. Dann nimmt man doch als Versicherer so eine „professionelle Lösung“ noch lieber in Anspruch.
Aber habe ich recht mit meiner Unterstellung? Vielleicht hat das IVFP doch recht und Riester ist der Rendite-Bringer? Daher versuche ich dann doch zu verstehen, wie das IVFP zu der Aussage kommt.
Der Text auf der Landing-Page beginnt unter anderem damit, dass Riester eine „exzellent geeignete Sparform“ für die Vorsorge für das Rentenalter sei. Neben anderen Aufzählungen von (vermeintlichen) Vorzügen der Riester-Rente (Leibrente, Zulagen, Steuerersparnisse, Grundfreibetrag…) kommt dann der Hinweis, dass sich der Beleg für die Lobpreisung der Riester-Rente im sogenannten „Riester-Rendite-Index“ begründet.
Dann werden die Ergebnisse des „Riester-Rendite-Index“ dargestellt. Wie sich dieser ermittelt, aber nicht. Aber es gibt ja den Link zur Page des Instituts selber. Nach etwas Suche findet man dann dort einige Hintergründe zu diesem Index. Was deutlich wird: Es werden tatsächliche Riester-Verträge betrachtet, die heute schon im Rentenbezug sind. Das ist schon mal spannend. Für die Annahmen zur Lebenserwartung wird mit der sogenannten „DAV04R-2. Ordnung“ auch auf eine annehmbare Tafel abgestellt (auch wenn hier die niedrigeren Lebenserwartungen der Geringverdiener nicht beachtet werden).
Aber für die Renditeberechnung wird nur auf die Eigenbeiträge abgestellt! Es wird also so getan, als wären insbesondere auch die Zulagen ein Plus, das sich aus der Rendite des Vertrages ergäbe! Denn in dem Zahlungsstrom der der Renditeberechnung zugrunde liegt, gehen die Zulagen implizit so ein, als wären sie ein Renditeerfolg, den der Finanzdienstleister erwirtschaftet hätte.
So zu rechnen ist natürlich Unfug. Denn Zulagen sind ja eben kein Rendite-Plus. Sondern Zulagen sind Gelder, für die die Steuerzahlenden in die Tasche greifen mussten! Wer so rechnet, der tut so, als hätten etwa die Versicherungen so gut gearbeitet, als hätten sie aus den Eigenbeiträgen der Bürgerinnen und Bürger zusätzlich sogar Renditen in genau der Höhe der Zulagen erwirtschaftet!
Zumindest als Person vom Fach kann man das erkennen. Für die, die nur kurz auf die Landing-Page „Riester-Rendite“ schauen, ist das aber nicht klar. Da bekommt man dann eben einen sehr geschönten Eindruck von der Renditestärke der Riester-Rente.
Warum überhaupt die Kolleginnen und Kollegen im IVFP diese Untersuchung angestellt haben? Insbesondere „sollten zwei Kritikpunkte an der Riester-Rente auf deren Wahrheitsgehalt hin“ überprüft werden. Der eine bezieht sich auf das „biblische Alter“, das bei einer Riester-Rente erreicht werden muss und der andere auf die „geringe Rendite“, bezogen auf die „Nettoaufwände/-einzahlungen des Kunden“.
Und hier wird der Fehler nochmals deutlich! Das IVFP unterstellt einfach, dass es richtig sei, nur die Eigenbeiträge zu betrachten. Die mir bekannten Riester-Kritisierenden schauen sich aber eben immer an, was insgesamt in den Riester-Vertrag eingezahlt wird. Das ist besonders auch bei meinen Studien der Fall, die ich vor knapp 8 Jahren veröffentlicht habe. Dort wird eben eine korrekte Renditebetrachtung vorgenommen. Es wird also darauf abgestellt, was in einen Riester-Vertrag eingezahlt wird (Eigenbeiträge plus Zulagen) und was die Finanzdienstleister daraus machen (und das ist eben sehr, sehr traurig).
Was ich deutlich machen will: Zulagen sind keine Renditen! Zulagen sind keine Erfolge der Versicherer oder anderer Finanzdienstleister. Zulagen sind Geschenke von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Und so sollten sie gefälligst auch in Renditeberechnungen eingehen. Alles andere ist unredlich.
PS: Warum ich vermute, dass das IVFP besonders auf meine Veröffentlichungen anspielt? Das liegt daran, dass mich dieses Institut anscheinend unter Generalverdacht stellt, bei jeglicher Riester-Kritik die Finger im Spiel zu haben. In einer „Gegendarstellung“ zu einem Artikel, der in der „Welt“ im Frühjahr 2016 erschien, beschwert sich das Institut zum Beispiel über etwas, was ich vier Jahre zuvor zum Riester-Thema gesagt haben soll. Diese Aussage aus 2012 hatte natürlich nichts mit dem zu tun, was in dem „Welt“-Artikel aus 2016 steht, war aber eben auch irgendwie Riester-Kritik.
Hintergründe zur „Riester-Rendite-Index“ des IVFP:
www.ivfp.de/riester-rendite-index-untersuchung-reale-riester-vertraege/
www.ivfp.de/wp-content/uploads/2018/02/RRI_Gesamtauswertung2018.pdf
Die „Gegendarstellung“ des IVFP:
https://www.ivfp.de/ueber-uns/veroeffentlichungen/gegendarstellung/
Meine Studien zur Riester-Rente:
Friedrich-Ebert-Stiftung:
http://library.fes.de/pdf-files/wiso/08683.pdf
Zusammen mit Kornelia Hagen, DIW:
https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.456061.de