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Kleinleins Klartext

Unfaires Spiel

Unfaires Spiel

 19.04.2017  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Es ist unfair, wie hierzulande Versicherungsverträge abgeschlossen werden. Der Versicherer macht ein Angebot und der Kunde hat nur die Wahl, ob er dieses Angebot wahrnimmt oder nicht. Sie meinen, das klingt auf den ersten Blick eigentlich ganz vernünftig und fair? Ist es aber nicht!

Ein fairer Deal wäre es, wenn alle Beteiligten genau verstehen würden, worauf sie sich einlassen. Damit der Versicherer genau weiß, worauf er sich einlässt, sorgt er dafür, dass er alle notwendigen Informationen erhält. Der Fragenkatalog ist je nach Versicherungssparte sehr unterschiedlich, aber oft recht umfangreich und zuweilen auch überraschend: Da geht es vielleicht darum, ob es in letzter Zeit schon mal einen einschlägigen Versicherungsfall bei einer anderen Versicherung gab oder wie es um Vorerkrankungen steht. Womöglich wird der Kunde aber auch gefragt: „Haben Sie eine Bahncard?“

Der Kunde muss sich gegenüber dem Versicherer offenbaren, wenn er einen Vertrag haben will. Lügt er oder verschweigt er etwas, kann der Versicherer womöglich den gesamten Vertrag im Nachhinein für nichtig erklären. Der Versicherer weiß, auf welches Risiko er sich einlässt. Und der Versicherer weiß auch, was er im Gegenzug dafür bekommt: nämlich Geld. Und er weiß auch ganz genau wie viel. Die Versicherungsprämie ist festgelegt.

Aber weiß der Kunde, was er im Gegenzug erhält? Kann der Kunde verstehen, was tatsächlich versichert ist?

Wenn es wirklich hartnäckig um das Kleingedruckte geht, dann hat der Versicherte nur dann eine Chance zu verstehen, was in letzter Konsequenz abgesichert ist, wenn er am besten eine Dreifachqualifikation mitbringt:

  1. Er ist Jurist mit Fachgebiet Versicherungsrecht, um dann auch zügig einschlägige Gerichtsurteile nachvollziehen zu können.
  2. Er ist zusätzlich Versicherungsmathematiker, um zu verstehen, was für eine Art Risiko hier tatsächlich einkalkuliert ist.…und am besten ist er zusätzlich auch
  3. Theologe mit Fachgebiet Exegese, um aus dem Kauderwelsch der Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen und PIBs die einschlägigen Textpassagen herausfiltern zu können.

Eine solche Dreifachqualifikation gibt es zugegebenermaßen nur selten. Die Konsequenz: Kaum ein Versicherter hat auch nur eine echte Ahnung davon, was für einen Vertrag er tatsächlich abgeschlossen hat.

Kommt es am Schluss zum Versicherungsfall und eine Leistung soll ausgezahlt werden, gibt es immer wieder Überraschungen:

„Ach so, wenn diese und jene Voraussetzungen nicht erfüllt sind, dann bekomme ich wegen Paragraf 5 Absatz 2, Punkt 2, zweiter Satz keine Leistung!

„Natürlich, wegen Paragraf 2.1.2. b) entfällt der Schlussüberschuss bei Ausübung meines Rechtes nach Paragraf 11.3.4. a)!“

„Ach herrje, Paragraf 13.V.3.d) führt ja dazu, dass meine Prämie eigentlich hätte angehoben werden müssen, weswegen jetzt die Leistung gekürzt wird!“

Der normale Verbraucher hat keine Chance sich vor solchen Überraschungen zu schützen. Keine? Nein! Vielleicht hat er aber doch eine Chance.

Ein Versicherungskunde kann versuchen, den Spieß herumzudrehen. Er kann seinen Versicherer selbst fragen, ob sich in dem Paragrafendschungel bestimmte Absicherungen verstecken. „Lieber Versicherer, ich möchte, dass in meinem Vertrag die folgenden Punkte abgesichert sind. Bitte bestätigen Sie mir das. Wenn nicht, dann muss ich mir einen anderen Versicherungspartner suchen…“

PS: Der Bund der Versicherten hilft seinen Mitgliedern mit genau solchen Musterbriefen


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