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Wer es noch nicht mitbekommen hat: Derzeit diskutieren wir wieder eine Rentenreform! Mit dem „Betriebsrentenstärkungsgesetz“ (BRSG) hat Ministerin Nahles ein umfangreiches Gesetz vorgelegt. Besonders wichtig im Gesetz: Zukünftig garantiert der Chef seinen Arbeitnehmern nur noch, dass das Geld in ein geeignetes Produkt eingezahlt wird. Bei diesen Produkten soll kein Kapital und keine Rente in fester Höhe garantiert werden.
Das Ende der Garantien! So sehen das viele. Ich sehe schon die Produktentwickler in den Versicherungen und anderen Finanzdienstleistern, die sich die Hände reiben. Wilder Westen, der Freibrief zur Abzocke, das heißt doch der Verzicht auf Garantien, oder?
So einfach ist das aber nicht.
Es soll und muss auch weiterhin Garantien geben. Sonst ist das Projekt der Rentenreform gescheitert. Dabei meine ich mit „Garantie“ nicht nur die Zusage einer festen Rentenhöhe. Neben der garantierten Rente „der Höhe nach“ gibt es auch eine Garantie „dem Grunde nach“. Und die ist entscheidend!
Was ich damit meine? Bitte folgen Sie mir dazu auf den Gedankengang der Ministerin:
Wenn die Hoffnung von Frau Nahles aufgeht, dann gibt es zukünftig keine fest garantierten Renten der Höhe nach. Das gibt Freiheiten in der Kapitalanlage. Dann können die Spargelder riskanter angelegt werden und die Chancen auf höhere Renditen steigen stark an. Und wenn dann die Versicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds höhere Erträge erwirtschaften, dann bekommen die Arbeitnehmer auch höhere Renten. So die Hoffnung der Ministerin.
Was Frau Nahles verkennt: Nur weil die Erträge steigen, kommen die nicht unbedingt beim Sparer an! Die Erträge können ja von Versicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds einkassiert, weggebunkert und den Sparern vorenthalten werden. Die Erträge können versickern, in Reserven versteckt und auf Jahrzehnte geparkt werden. Dann geht die Rechnung von Frau Nahles nicht auf.
Also brauchen wir eine „Garantie dem Grund nach“. Wir brauchen eine Garantie, dass Erträge die erwirtschaftet werden, immer angemessen, fair und zeitnah an die Sparer ausgeschüttet werden. Wir brauchen eine Garantie, dass durch die Erträge stets die Renten steigen. Wir brauchen also eine „Garantie dem Grunde nach“. Wenn Erträge da sind, dann müssen diese für die Sparer verwendet werden. Das muss garantiert werden. Ohne Wenn und Aber.
Manche werden jetzt einwenden, dass wir das schon haben. Die „Überschussbeteiligung“ der Lebensversicherung würde ja genau das gewährleisten. Stimmt aber nicht. Ganz legal dürfen die Versicherer nämlich erst einmal wichtige Teile der Überschüsse sofort für eigene Zwecke abzwacken, ohne Zeitverzögerung. Ganz legal dürfen die Versicherer dann den Rest der Erträge und Überschüsse über Jahre in verschiedenen Reserven bunkern und den Versicherten vorenthalten. Ganz legal dürfen die Versicherer dann auch noch entscheiden, welche Kundengruppen besonders reichlich mit Überschüssen beglückt werden und wer eher weniger bekommt. Und ab und an kommt dann der Gesetzgeber und erlaubt es den Versicherern, die Überschussbeteiligung noch weiter zusammenzustreichen - zuletzt vor zwei Jahren beim Lebensversicherungsreformgesetz. Und derzeit läuft es sogar noch schlimmer, denn heute müssen die Kunden sogar auf Überschüsse verzichten, weil sich die Unternehmen vor zwanzig Jahren verkalkuliert haben.
Überschüsse sind für Lebensversicherer also Manövriermasse um eigene Fehler auszugleichen. Eine angemessene, faire und zeitnahe Beteiligung gibt es also nicht.
In der Lebensversicherung gibt es keine Garantie dem Grunde nach. Die Kunden dürfen in der Lebensversicherung bei der Überschussbeteiligung nur Hoffnung haben, keine Sicherheit. Deswegen kann die Lebensversicherung kein Partner für die Betriebsrente sein, wie Frau Nahles sie will.
Es kann sinnvoll sein, dass wir zukünftig auf garantierte Rentenhöhen verzichten - aber nur dann, wenn garantiert ist, dass die erwirtschafteten Erträge im Gegenzug bei den Sparern landen. Wer auf die „Garantie der Höhe nach“ verzichtet, der braucht zum Ausgleich eine „Garantie dem Grunde nach“.
Liebe Frau Nahles, bitte liefern Sie die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht der Willkür der Finanzdienstleister aus! Sorgen Sie dafür, dass die Sparer einen garantierten Anspruch auf die Erträge der Finanzdienstleister haben!
PS: Es wäre schade, wenn die Liste gescheiterter Projekte, die nach Politikern benannt ist, nach „Riester-Rente“, „Hartz-IV“ und „Pflege-Bahr“ um die „Nahles-Rente“ verlängert würde. Wir brauchen endlich funktionierende und faire Lösungen.