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Versicherungen verstehen

Das bewegte den BdV 2018

Das bewegte den BdV 2018

 17.12.2018  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Claudia Frenz

 

Vertriebsrichtlinie, Überschussbeteiligung, Run-Off der Lebensversicherungen, Provisionsdeckel, Evaluierung des LVRG. Es stand viel an in diesem Jahr im Bereich der Versicherungen. Und entsprechend auch für den Verbraucherschutz. Was den Bund der Versicherten e. V. in diesem Jahr besonders bewegt und umtrieben hat – BdV-Vorstand Axel Kleinlein, Constantin Papaspyratos, Leiter der Stabsstelle Rechts- und Fachberatung, und Dr. Christian Gülich, EU Policy Officer des BdV, haben mal zurückgeblickt.

 

Axel Kleinlein, Vorstand (Sprecher) des Bund der Versicherten e. V. 

 

2018 ist das Jahr, in dem neue Weichen gestellt wurden. In der großen Politik geschah das etwa durch zwei neue Parteivorsitzende in der SPD und der CDU, Frau Nahles und Frau Kramp-Karrenbauer. Wo es hingeht mit den beiden Parteien? Noch unklar. Im Fußball musste die deutsche Nationalmannschaft anderen den Platz räumen und der FC-Bayern München ist nicht mehr der unangefochtene Platzhirsch. Wer stattdessen reüssiert?

Auch das ist noch nicht endgültig ausgefochten. Und in der Versicherungswelt wollen sich große Unternehmen vom Kerngeschäft der Lebensversicherung und von den althergebrachten Vertriebsstrukturen verabschieden. Ob das alles so klappt, wie sich die Managerinnen und Manager das vorstellen? Auch da ist noch nicht jeder Kampf ausgefochten.

Auch für uns als Bund der Versicherten e. V. (BdV) war 2018 ein Jahr, in dem wir uns neu für die Zukunft aufstellen. Wir haben in Hamburg ein neues Domizil gefunden, das wir 2019 beziehen werden. Das beschäftigt uns sehr und wirft seine Schatten voraus. Was sich für uns dadurch ändert? Wir sind näher an der Politik und den Medien. Wir haben mehr Platz für neue Kolleginnen und Kollegen. Und für die werden wir auch attraktiver.

Bei wichtigen Gerichtsverfahren gegen die Versicherungswirtschaft haben wir in 2018 auch Hausaufgaben bekommen um im nächsten Jahr dann nachzulegen: Zum Beispiel hat uns der Bundesgerichtshof mit unserer Klage gegen die Victoria Lebensversicherung an die Vorinstanz verwiesen. In dem Verfahren geht es um die Kürzung der Bewertungsreserven in Folge des Lebensversicherungsreformgesetzes. Und dieses Gesetz sollte eigentlich in 2018 längst abschließend evaluiert werden. Geschehen ist da aber noch nicht so viel. Auch das ist ein Merkposten für 2019. Dass hier Verzögerungen zu beklagen sind hat was mit der Politik zu tun, die nicht ganz so schnell ist, besonders wenn es um die Rechte der Versicherten geht.

Was uns freut und uns Rückenwind für die kommenden Aufgaben gibt: Für die nächsten vier Jahre haben unsere Mitglieder den Aufsichtsrat bestätigt und sich damit für Kontinuität ausgesprochen. Diesem Wunsch wollen wir folgen. Erst einmal als das Vorstandsgespann Axel Kleinlein und Mario Leuner. Ab Februar bekommen wir dann Verstärkung mit dem Juristen Stephen Rehmke. Und so sind wir dann schlagkräftig für unsere Mitglieder und die Versicherten da. Wir freuen uns auf 2019!


 

Constantin Papaspyratos, Leiter der Stabsstelle Rechts- und Fachberatung beim BdV

 


Ein (wesentlicher) Anlass für die Gründung des BdV durch Hans Dieter Meyer im Jahr 1982 war die Auseinandersetzung mit der Frage: „Wer braucht eine Kapitalversicherung?“ (Siehe: Hans Dieter Meyer, 2001: Ratgeber Versicherung & Altersvorsorge, München, S. 336.)

Um die Erarbeitung einer Antwort rechtlich zu begleiten, hat der BdV eine Vielzahl von Musterprozessen geführt.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) von 2001 bis 2005 die Korrektur der größten Benachteiligungen der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Rückkaufswerten und der Überschussbeteiligung angemahnt hatten, haben wir in 2018 die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Überschüssen erneut dem BGH zur Klärung vorgelegt. Anlass war das „Lebensversicherungsreformgesetz“ von 2014 (LVRG), das die Vorgehensweise der Lebensversicherer legalisieren sollte, ihre schwerwiegenden Kalkulationsfehler aus der Vergangenheit (in Form überzogener Zinsgarantien) zu Lasten der Kundinnen und Kunden – durch Kürzung der Beteiligung an den Bewertungsreserven – zu korrigieren.

Der BGH hat das Berufungsurteil zwar aufgehoben , aber geäußert, dass nach seiner Auffassung der Gesetzgeber diese – in 2005 vom BVerfG als verfassungswidrig festgestellte – Schlechterstellung der Kundinnen und Kunden legalisieren darf.

Für die Kundinnen und Kunden äußert sich das folgendermaßen: Seit 2008 sind die Lebensversicherer verpflichtet, sie zum Vertragsende zu 50 Prozent an den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Bewertungsreserven zu beteiligen. Seit 2014 werden Versicherungsnehmer an festverzinslichen Anlagen nur noch beteiligt, sofern sie einen etwaig bestehenden Sicherungsbedarf des Versicherers übersteigen. Darüber hinaus dürfen Kundinnen und Kunden bis zu 100 Prozent durch Kürzung ihrer Beteiligung an diesen Bewertungsreserven belastet werden, damit die Lebensversicherer die Garantieleistungen für ältere (zu hoch verzinste) Lebensversicherungsverträge erbringen können.

Wir bleiben bei unserer Rechtsauffassung, dass diese Enteignung verfassungswidrig ist und sind bereit, erneut zum Bundesverfassungsgericht zu gehen.

Nach einer Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen – bis hin zum Bundesverfassungsgericht – ist die damalige Antwort auf die Eingangsfrage in aller Deutlichkeit für uns bestätigt worden: „Eine Kapital-Lebensversicherung braucht niemand. Sie ist die überflüssigste Versicherung überhaupt.“ (Meyer, 2001, S. 336).


Dr. Christian Gülich, EU Policy Officer des BdV

 


Das Jahr 2018 fing gleich mit einer starken Belastung an, die erst kurz vor Ende 2017 beschlossen wurde und zeitweilig für erhebliche Verwirrung sorgte: die Verschiebung der Anwendung der Vertriebsrichtlinie IDD auf Oktober 2018. Da Deutschland im Gegensatz zu einigen anderen EU-Mitgliedsstaaten das IDD-Umsetzungsgesetz bereits im Juli 2017 verabschiedet hatte, war es nicht davon betroffen, so dass es bei dem ursprünglichen Starttermin 23. Februar 2018 blieb.

Ganz vollständig hatte aber auch der deutsche Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht gemacht: So wurde die Änderung der VVG-Informationsverordnung für die Produktinformationsblätter erst im März 2018 umgesetzt, obwohl die neuen EU-Regelungen für die Basisinformationsblätter bereits ab Januar galten. Der BdV hatte auf diesen ungeregelten gesetzlichen Zustand in einer Pressemitteilung deutlich hingewiesen. Die mit der IDD-Umsetzung zwingend erforderliche Neufassung der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) wurde sogar erst im November 2018 endgültig in Kraft gesetzt.

Als ein weiteres, sehr komplexes Thema erweist sich die praktische Umsetzung der neuen EU-Basisinformationsblätter für Lebens- und Rentenversicherungen. Auch wenn Gliederung, Design und Seitenzahlbegrenzung als gelungen erscheinen, so sind vor allem die Kennziffern zu Kostenoffenlegungen und Renditeangaben als intransparent, teilweise sogar irreführend, zu kritisieren. Für 2019 sind erste Überprüfungen geplant, und der BdV wird sich zusammen mit Better Finance z. B. für die Einführung verlässlicher Vergangenheits- und Vergleichswerte bei Renditeangaben einsetzen.

Das dritte große Thema ist die geplante Einführung eines pan-europäischen privaten Altersvorsorgeproduktes. Noch vor den Neuwahlen des Europaparlaments im Mai 2019 soll der EU-Gesetzgebungsprozess abgeschlossen sein, aber noch immer wird über Details gestritten, wie etwa die Frage, ob die Zertifizierung dieser neuen Angebote EU-weit einheitlich oder doch durch die nationalen Aufsichtsbehörden geschehen soll. Für Deutschland ist ohnehin zu befürchten, dass der Druck der Versicherungs- und Vertriebslobby so stark ist, dass nur die Investmentbranche überhaupt Angebote entwickeln wird.

Für 2019 ist der BdV aber bestens gerüstet, um bei den EU-Versicherungsthemen kräftig mitzumischen: sowohl durch unsere Mitgliedschaft bei Better Finance in Brüssel als auch durch die Mitgliedschaft in einem der beiden Fachbeiräte der Europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde in Frankfurt sind wir in die Diskussionsprozesse unmittelbar eingebunden.

Wir freuen uns auf 2019!


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