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Versicherungen verstehen

Der Versicherer zahlt nicht? Das können Sie jetzt tun!

Der Versicherer zahlt nicht? Das können Sie jetzt tun!

 09.11.2023  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Julia Alice Böhne

Auch das noch – seit Jahren zahlen Sie pünktlich die Versicherungsprämie und wenn Sie sie brauchen, zögert der Versicherer seine Leistung ewig heraus. Oder noch schlimmer: Er weigert sich gleich ganz zu zahlen. Das können Sie tun, um an Ihr Geld zu kommen.

Der Blogbeitrag bezieht sich auf Sachversicherungen. Dieser Begriff steht für Versicherungen, die Sachwerte absichern: beispielsweise die Hausrat-, Wohngebäude- oder Kfz-Versicherung. Aber auch die Privathaftpflicht fällt in diese Kategorie, obwohl sie nicht nur materielle Schäden absichert, sondern auch Schäden an Personen oder Vermögenswerten.

© DDP / Unsplash

Immer wieder erreichen uns Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern über Versicherer, die nicht zahlen oder die Leistung in den Augen der Versicherten „verzögern“. Ärger und Ungeduld sind absolut nachvollziehbar, haben sie die Versicherung doch mit Gedanken abgeschlossen, im Schadenfall rasch und problemlos Ersatz oder Hilfe zu erhalten. Doch stattdessen fühlen sie sich hingehalten und allein gelassen. Dabei können die Gründe für das Verhalten des Versicherers vielfältig sein.

Leistungspflicht oder nicht?

Wenn ein Versicherer nicht leistet, kann er sich auf unterschiedliche Gründe berufen: Beispielsweise kann er darauf verweisen, dass es sich bei der Schadenursache nicht um ein versichertes Risiko handelt oder dass der Schaden in vorvertraglicher Zeit eingetreten ist. Ist das der Fall, lässt sich das häufig schon durch einen Blick in die Versicherungsunterlagen klären. Auch wenn Sie mit der Prämienzahlung im Rückstand sind, kann der Versicherer die Leistung verweigern. Das ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtens: Der Versicherer muss nachweislich eine Frist zur Zahlung gesetzt haben und diese muss erfolglos verstrichen sein, bevor der Versicherungsfall eingetreten ist. Eine Leistungsverweigerung kann der Versicherer auch damit begründen, dass Sie die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt haben. Auch hier sollten Sie die Unterlagen noch einmal genau prüfen.

Auch wenn Sie eine sogenannte Obliegenheit verletzt haben, kann der Versicherer die Leistung kürzen oder sogar verweigern. Die Folgen der Obliegenheitsverletzung sind von der Schwere des Verschuldens der Versicherten abhängig. Bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung kann der Versicherer seine Leistung kürzen, bei einer vorsätzlichen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer sogar von der Leistungspflicht befreit. Eine Obliegenheitsverletzung liegt beispielsweise vor, wenn Sie einen Schaden ohne Rücksprache mit dem Versicherer beseitigen und diesem nur noch die Rechnung präsentieren.

Sie sollten bedenken, dass die Versicherung das Recht und im Interesse aller Versicherten auch die Pflicht hat, geltend gemachte Ansprüche genau zu prüfen. Insbesondere bei Schäden, die viel kosten, nimmt die Prüfung auch einige Zeit in Anspruch. Ob die Prüfungsdauer angemessen ist, hängt von den individuellen Umständen ab. Ein Schadenfall in der Kfz- oder Wohngebäudeversicherung kann eine umfangreiche Leistungsprüfung erforderlich machen. Insbesondere auch nach Naturkatastrophen, von denen viele Versicherte betroffen waren, kann es zu Verzögerungen kommen, auch, weil es eventuell schwierig ist, Gutachter*innen zu bekommen.

Knackpunkt „Fälligkeit der Versicherungsleistung“

Die Entschädigungszahlung des Versicherers wird fällig, wenn seine Leistungspflicht dem Grunde und der Höhe nach feststeht; also erst dann, wenn er alle notwendigen Erhebungen abgeschlossen hat (§ 14 Versicherungsvertragsgesetz). Dazu zählen aber nicht nur Erhebungen, die der Versicherer selbst anstellt oder veranlasst, wie etwa ein Sachverständigengutachten, sondern beispielsweise auch Ermittlungen von Behörden. Die Versicherungsleistung ist daher zum Beispiel erst fällig, wenn der Versicherer Einsicht in die behördlichen Ermittlungen nehmen konnte. Daher kann es längere Zeit dauern, bis der Versicherer zahlen muss.

Oftmals werden Versicherte nach der Schadenmeldung länger mit der Auskunft vertröstet, man müsse den Fall erst „ausreichend“ prüfen. Übt der Versicherte dann Druck aus, verweigert der Versicherer nicht selten die Leistung mit der Begründung, es sei angeblich eine Pflicht aus dem Versicherungsvertrag verletzt worden und deshalb könne nicht gezahlt werden. Diese Taktik wird durch die schwer greifbare gesetzliche Regelung zur Fälligkeit von Geldleistungen ermöglicht. Leistet der Versicherer aber nicht, müssen Versicherungsnehmer – teilweise in einem Gerichtsverfahren – beweisen, dass alle notwendigen Ermittlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt hätten abgeschlossen sein können, sodass die Geldleistung seit diesem Zeitpunkt fällig ist.

Schwierig wird es zum Teil auch, wenn zwar feststeht, dass der Versicherer leisten muss, jedoch die Höhe noch unklar ist. Der Versicherer muss dann zwar grundsätzlich eine Abschlagssumme zahlen, diese Vorschusszahlung steht aber unter dem Vorbehalt einer endgültigen Abrechnung. Diese Regelung hilft dem Versicherten vielfach nicht weiter, weil der Versicherer oft behauptet, dass die Ermittlung des Versicherungsfalles und seines Umfangs noch nicht abgeschlossen seien und er insofern noch nicht leisten müsse.

Das können Sie tun

Es gibt zwar keine bestimmten Fristen, innerhalb der der Versicherer leisten muss. Aber: Der Versicherer darf die Leistungsprüfung nicht unnötig in die Länge ziehen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass er das tut oder es zu Unstimmigkeiten während der Schadenabwicklung kommt, sollten Sie sich zunächst höflich, aber bestimmt an den Vorstand ihres Versicherers wenden, um die Erstattung ihres Schadens zu erwirken. Bleibt auch das erfolglos, können Sie sich im nächsten Schritt kostenfrei an den Versicherungsombudsmann wenden, bevor Sie möglicherweise eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Versicherungsrecht beauftragen.

Der Versicherungsombudsmann kann als Schlichter zwischen Versicherten und Versicherern bei strittigen Sachverhalten eingeschaltet werden. Bei Schäden bis 10.000 Euro kann der Ombudsmann eine für den Versicherer verbindliche Entscheidung aussprechen. Für Schäden bis 100.000 Euro kann er eine Empfehlung aussprechen. Sie müssen dagegen die Entscheidung des Ombudsmanns nicht akzeptieren und Ihnen steht weiterhin der Weg zu den Gerichten offen.

Wichtig: Der Ombudsmann ist nur dann für Ihren Streitfall zuständig, wenn es um Ihren eigenen Versicherungsvertrag geht. Ein Großteil der Eingaben lehnt er ab, weil es in den Beschwerden darum geht, dass eine gegnerische Versicherung nicht leistet.

Mit dem richtigen Verhalten im Schadenfall stellen Sie die Weichen für eine schnelle Prüfung durch den Versicherer. Lesen Sie hierzu unser kostenloses Infoblatt.


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