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Versicherungen verstehen

Schuld war nur der Bossanova…

Schuld war nur der Bossanova…

 21.08.2019  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Claudia Frenz

Ob zuhause beim Musikhören, in Clubs, auf Hochzeiten oder gemütlich vor dem Fernseher beim Schauen von Let’s Dance – nicht alle können es, aber alle tun es: tanzen. Wie die meisten meines Jahrgangs war auch ich in der Tanzschule. Und wie die meisten hatte ich dazu keine große Lust. Es sah auch eher hölzern aus, wie wir alle so über die Tanzfläche schoben. Aber es machte dann doch Spaß, immerhin machte ich drei Kurse mit.

© Alexa / Pixabay

Tanz ist vielfältig, die Palette reicht von Standard- und Lateintanz bis zu Country- und Westerntanz, Cheerleading & Cheerdance, Rock’n Roll und BoogieWoogie bis zu karnevalistischen und orientalischen Tänzen. 

Eins, zwei, Wiegeschritt – und dann macht es knacks

Doch wie ist das eigentlich, wenn ich beim Tanzen stürze oder mit dem Fuß umknicke und mich so schwer verletzte, dass bleibende Schäden entstehen? Kommt in diesen Fällen die private Unfallversicherung auf, so ich denn eine habe?

Diese Frage ist für Verbraucher*innen ein fast so glattes Parkett wie der Tanzboden selbst. Denn es kommt darauf an, ob der Sturz ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen ist.

Diese Frage lassen Betroffene dann auch häufig vor Gericht klären.

Wann ist ein Unfall ein Unfall im Sinne der Bedingungen? Ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen liegt dann vor, wenn man durch ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis eine unfreiwillige Gesundheitsschädigung erleidet. (siehe den ausführlichen Blogbeitrag von Jens Trittmacher vom 13.05.). Nun gut, niemand knickt freiwillig um und in der Regel tut man das auch plötzlich. Also handelt es sich bei dem oben geschilderten Ereignis um einen bedingungsgemäßen Unfall?

Es kommt darauf an ...

Es kommt darauf an. Wenn es sich um eine Eigenbewegung handelt, ist ein dadurch verursachter Sturz kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen (es sei denn Gesundheitsschäden durch Eigenbewegungen wären bedingungsgemäß mitversichert).  So sind tanztypische Schritte und Drehungen für diese Sportart übliche Eigenbewegungen. Verletzungen, die bei einer Drehung oder Schrittfolge entstehen, also entsprechend nicht versichert.

Wer also Patrick Swayze nacheifert und sein Baby in die Höhe stemmt und dadurch eine dauerhafte Verletzung der Wirbelsäule erleidet, kann sich nicht sicher sein, dass seine Unfallversicherung auch einspringt, denn Gesundheitsschäden durch Eigenbewegungen (wie das Anheben eines menschlichen Körpers beim Tanzen) sind bedingungsgemäß oft nicht versichert.

Über die Klausel der Eigenbewegung in der Unfallversicherung wird vor Gericht viel gestritten.

Anders wäre es, wenn beim Tanzen der Parkettboden nachgibt und man in ein durchbrechendes Loch tritt und stürzt. Oder der Tanzpartner beim Tanztee von einem herrenlos hereinrollenden Servierwagen getroffen wird, so dass er stürzt und seine Partnerin gleich mit zu Boden reißt.

Doch manches Tanzvergnügen endet nicht nur unsanft auf dem Boden, sondern auch vor Gericht.

Interessantes Urteil ...

Ein interessantes Urteil fällte das OLG Frankfurt zu einer möglichen Haftung des Tanzpartners. Es ging dabei um einen freiwilligen Paartanz. Dabei forderte die Klägerin Schadensersatz von ihrem Tanzpartner für die Folgen des Unfalls. Hier war die Klägerin zu Fall gekommen, da ihr Tanzpartner sie zu stark herumwirbelte. Nach Auffassung des OLG besteht jedoch die Gefahr eines Sturzes beim Tanz grundsätzlich. Die Klägerin hatte sich freiwillig auf den Tanz eingelassen, für die damit verbundene Selbstgefährdung sei sie daher auch verantwortlich. Ein „freiwillig ausgeführter Paartanz löst keine Haftung des Tanzpartners aus“, so das OLG. „Eine Zurechnung der Unfallfolgen an den Beklagten durch die „Inanspruchnahme einer übergeordneten Rolle als „Experte“ scheide ebenfalls aus. Allein der Umstand, dass der Beklagte sich als „Tanzkönig“ seines Ortes bezeichnet habe und „seine Tanzkünste diejenigen der Klägerin deutlich übersteigen“, genügten hierfür nicht“, so das OLG in seiner Pressemitteilung zum Urteil.

Doch heute ist „Dirty-Dancing Tag“, den sollten sich alle Tanzbegeisterten nicht durch mögliche Unfallszenarien verderben lassen. Deshalb: Dance and have the time of your life! Es muss ja nicht gerade eine Hebefigur dabei sein.