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Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung (PKV): Das sollten Sie wissen

Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung (PKV): Das sollten Sie wissen

 16.11.2023  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Julia Alice Böhne

Alle Jahre wieder erhöhen die privaten Krankenversicherer die Prämien. Und alle Jahre wieder stellen sich Versicherte die Frage, ob sie in einen günstigeren Tarif wechseln sollten. PKV-Versicherte können zwar in andere Tarife ihres Versicherers wechseln. Ein Tarifwechsel ist jedoch sehr aufwendig und mitunter auch nicht vorteilhaft. Hier erfahren Sie, was Sie beachten sollten.

© Tormius / Unsplash
 

Wenn Sie PKV-versichert sind, ist für Sie entscheidend, ob die versicherten Leistungen Ihres Vertrages eine bedarfsgerechte Absicherung bieten. Privatversicherte haben einen gesetzlichen Anspruch, jederzeit in andere Tarife ihres Versicherers zu wechseln. So können sie ihren Versicherungsschutz verbessern. Ein Tarifwechsel ist aber nur sehr eingeschränkt dazu geeignet, bei der Prämie zu sparen. Im Vordergrund sollte immer ein hohes Leistungsniveau stehen.

Ein Tarif sollte mindestens die vom BdV festgelegten K.-o.-Kriterien erfüllen. Sie finden diese ab Seite 14 im Infoblatt, das Sie kostenlos herunterladen können.

Wechseln Sie in einen anderen Tarif Ihres Krankenversicherers, können Sie alle bis dahin erworbenen Rechte und Altersrückstellungen komplett mitnehmen. Sind die Leistungen im Ziel-Tarif höher oder umfassender als im bisherigen, kann der Versicherer

  • diese Mehrleistungen ausschließen,
  • einen Risikozuschlag verlangen oder
  • eine Wartezeit verhängen, in der diese Leistungen ausgeschlossen sind.

Die Tücken des Wechsels

Sie können jederzeit problemlos in einen Tarif Ihres Versicherers wechseln, der geringere Leistungen bietet als Ihr aktueller. Sollten Sie allerdings später bessere Leistungen benötigen, ist der Wechsel in einen Tarif mit höheren Leistungen nicht problemlos möglich. Ob diese Möglichkeit besteht, hängt von Ihrem Gesundheitszustand ab. Denn der Versicherer kann in einem solchen Fall eine erneute Gesundheitsprüfung verlangen. Übrigens: Wenn Sie Ihre Selbstbeteiligung reduzieren möchten, gilt das meist auch schon als Leistungsverbesserung. Hierfür könnte der Versicherer dann also auch eine Gesundheitsprüfung verlangen.

Sie sollten generell nicht den Tarif wechseln, nur um an der Prämie zu sparen. Zumal nicht belegt ist, dass ein Tarifwechsel langfristig zu einer geringeren Prämienzahlung ohne Leistungsverzicht führt. Im Gegenteil müssen Sie sogar damit rechnen, dass der Tarif in den kommenden Jahren deutlich teurer wird. Denn entweder war er optimistisch kalkuliert, einige Faktoren waren noch nicht eingepreist oder er bildet weniger Altersrückstellungen. Das wiederum wird dann im Alter durch ein höheres Prämienniveau spürbar. Die anfänglich erzielte Ersparnis fällt also weg oder verkehrt sich sogar ins Gegenteil, sodass Sie schon mittelfristig mehr Prämie zahlen als im vorherigen Tarif. Im schlimmsten Fall führt das zu einer Abwärtsspirale, wenn Sie um Prämie zu sparen, erneut den Tarif wechseln wollen und hierfür auf wichtige Leistungen verzichten. Denn Mehrleistungen zu vereinbaren, wird mit zunehmenden Alter und sich verschlechterndem Gesundheitszustand immer schwieriger.

Auf diese drei Punkte sollten Sie beim Tarifwechsel achten:

  • Wenn Sie Leistungen reduzieren möchten, sollten das ausschließlich Leistungen sein, die über die BdV-K.-o.-Kriterien hinausgehen. Bei der Krankheitskostenvollversicherung sind das beispielsweise privatärztliche Behandlung und Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus. So haben Sie die besten (und oftmals die einzigen) Möglichkeiten, die Prämie nachhaltig zu senken.
  • Betrachten Sie idealerweise nur Tarife, die mit einem niedrigeren Rechnungszins kalkuliert sind als Ihr aktueller Tarif.
  • Wenn Sie aktuell in einem sogenannten Bisex-Tarif (geschlechtsabhängig kalkuliert) versichert sind, sollten Sie einen Wechsel in einen Unisex-Tarif (geschlechtsunabhängig kalkuliert) sorgfältig prüfen und die Vor- und Nachteile abwägen. Bisex-Tarife dürfen im Neugeschäft nicht mehr angeboten werden. Ein Wechsel in Bisex-Tarife ist aber zulässig, solange Sie noch nicht in einem Unisex-Tarif versichert sind.

Der Tarifwechsel ist sehr komplex. Daher kommt es immer wieder zu Problemen. Im Zuge des Wechsels überschütten die Versicherer die Versicherten geradezu mit Informationen: insbesondere zu angeforderten Tarifalternativen und den Vertragsbestimmungen. Nach Vollendung des 60. Lebensjahres muss der Versicherer unter anderem auch den Basis- und den Standardtarif anbieten. Hinzu kommen Angebote für die Tarife, die im abgelaufenen Geschäftsjahr den größten Neuzugang an Versicherten hatten.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. hat spezielle Leitlinien zur Durchführung eines Tarifwechsels entwickelt. Mit diesen verpflichten sich viele private Krankenversicherer, bestimmte Regelungen beim Tarifwechsel einzuhalten. Diese Leitlinien haben aus unserer Sicht eine große Schwäche: Der Versicherer wählt geeignete Tarife für die Versicherungsnehmer*innen aus und zeigt nicht alle nötigen Informationen auf. Beispielsweise fehlen Angaben zum Rechnungszins. Ob den Versicherungsnehmer*innen dabei tatsächlich weitere vorteilhafte Tarife aufgezeigt werden, ist nicht nachvollziehbar.

Wechsel des Versicherers nicht empfehlenswert

Von einem Wechsel der Versicherungsgesellschaft raten wir grundsätzlich ab. Wenn Sie Ihren Krankenversicherungsvertrag bereits vor 2009 abgeschlossen haben, würden Sie bei einem Wechsel die bis dato aufgebauten Alterungsrückstellungen komplett verlieren. Personen, die nach 2009 der privaten Krankenversicherung beigetreten sind, können zwar ihre Alterungsrückstellungen auch zu einem anderen Versicherer mitnehmen, jedoch nur in eingeschränktem Umfang. Je nach Tarif sind auch hier erhebliche Verluste zu erwarten.

Zusätzlich stellt Ihnen der Versicherer Fragen zu Ihrem Gesundheitszustand. Ein Versicherungsunternehmen kann dann zum Beispiel aufgrund inzwischen aufgetretener Krankheiten Ihren Antrag nur zu erschwerten Bedingungen (Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse) annehmen oder sogar vollständig ablehnen. Zudem würde das höhere Eintrittsalter zu einer höheren Prämie führen. Außerdem gilt: Je später Sie zu einem anderen Versicherer wechseln, desto kürzer ist der Zeitraum, in dem wieder Alterungsrückstellungen neu aufgebaut werden können.

Den Wechsel der Versicherungsgesellschaft sollten Sie daher nur in Ausnahmefällen erwägen - wenn Sie beispielsweise erst seit kurzer Zeit bei einer Gesellschaft versichert und kerngesund sind. Spielen Sie mit dem Gedanken, den Versicherer zu wechseln, sollten Sie sich vorher am besten anbieterunabhängig beraten lassen, ob ein solcher Unternehmenswechsel für Sie eine geeignete Lösung sein kann.

BdV-Mitglieder können sich im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zu Fragen hinsichtlich eines PKV-Tarifwechsels beraten lassen – ohne zusätzliche Kosten. Dazu erhalten sie einen Leitfaden mit Musterbriefen, anhand dessen sie einen Tarifwechsel selbst durchführen können. Wir bieten unseren Mitgliedern zudem eine Tarifwechselberatung gegen ein vorher fest vereinbartes Honorar in Höhe von 570 Euro inklusive Umsatzsteuer an. Wir beraten sie dann umfassend, übernehmen den kompletten Schriftwechsel mit dem Krankenversicherer und bewerten alternative Tarifangebote.


BdV hilft

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